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Halb so schnell-
doppelt so langsam,
2. Teil

Wo liegt das richtige Tempo?

Mit dem Verlust des pulsierenden Taktes geht auch eine Beschleunigung des Tempos einher: Gleichmässige Tonfolgen wirken im langsamen Tempo bald einmal langweilig, deshalb wurde das Tempo beschleunigt. Dazu kommt eine dauernde Verbesserung der Spieltechniken und des Instrumentenbaus, die das übersteigerte Tempo überhaupt erst ermöglichten. Auf Grund alter Konzertberichte ist anzunehmen, dass Aufführungen von damals unsere CD-verwöhnten Ohren nicht mehr zu befriedigen vermöchten.

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Doch spielte das Gefühl früher die grössere Rolle als heute. Insofern hat sich der Massstab für die Musikinterpretation stark verändert: Während heute die äusseren Merkmale wie Präzision, Schnelligkeit und Technik massgebliche Kriterien sind, standen früher die inneren Werte der Musik über den äusseren. Allerdings gab es schon immer Leute, die ihre mangelnde musikalische Empfindung mit Tempo wettmachten. So ist von keinem Geringeren als Beethoven der Satz überliefert: Mit der Geläufigkeit der Finger laufe solchen Herren gewöhnlich Verstand und Empfindung davon.

Das „menschliche“ Tempo

Michael Praetorius definierte im 17. Jahrhundert den mittleren Takt mit „640 Tempora in einer Stunde“, was einer Frequenz von knapp elf pro Minute ergibt. Dies entspricht genau der mittleren Atemfrequenz des Menschen! Die Unterteilung in vier bezw. acht Noten ergeben den Puls. Das ist die eine Seite.

Es gibt aber noch mehr Anweisungen, das alte Tempo zu rekonstruieren: über das Pendel. Und hier wiederum ist das Metronom nach Mälzel bis heute bekannt - nur hat man vergessen, dass das Metronom auf dem Pendelgesetz beruht, wonach eine volle Schwingung für eine musikalische Zeiteinheit zwei Bewegungen beinhaltet. Demoz de la Salle, ein französischer Mathematiker und Musiker definierte die musikalische Zeiteinheit aus dem Sekundenpendel:

La durée d’un Temps à un autre de la Mesure, est ordinairement une seconde d’heure, ou l’espace de temps qu’un Balancier de deux piéds & demy de long d’une Pendule à poids ou d’une moyenne Horloge, employe à faire deux vibrations ou balancements (Méthode de musique selon un nouveau système, Paris 1728). 

Übersetzung: Die Dauer einer Schlageinheit entspricht gewöhnlich einer Sekunde, oder dem Zeitraum, den ein Pendel von einer Länge von zweieinhalb Fuss (= ca. 1 Meter) oder einer mittleren Pendeluhr benötigt, um zwei Bewegungen zu vollziehen.

Ein scheinbarer Widerspruch!? – Zwei Bewegungen eines Sekundenpendels benötigen eben zwei Sekunden, also ist der volle Zählwert eines „Temps“ nicht 1, sondern 2 Sekunden. Und dies gilt sinngemäss auch für das Metronom! Mälzel meint genau dasselbe, wenn er in seiner Gebrauchsanweisung schreibt (leider ist die deutschsprachige Urfassung nicht mehr greifbar): It being well understood, that in this, as in every other case, each SINGLE beat or tick forms a part of the intended time, and is to counted as such; but not the two beats produced by the motion from one side to the other.

Übersetzt heisst dies, dass jeder EINFACHE Schlag (= Tick) einen Teil der vorgegebenen metrischen Einheit bildet (im Pendelgesetz ist ein Teil immer die Hälfte).

Man kann es auch „computerdeutsch“ formulieren: Eine musikalische Zeiteinheit besteht aus „Input“ und „Output“. Nach moderner Auffassung wird jeder „Output“ als „Input“ verwendet, woraus eigentlich eine Verdoppelung der ursprünglichen Absicht  resultiert. Die Hektik unserer Zeit widerspiegelt sich damit auch in der Musik, wobei vergessen wird, dass Musik „zeitlos zeitgebunden“ ist. Wohl sagt man, dass die Kunst ein Spiegel ihrer Zeit sei. Doch dies bezieht sich nur auf die bildende Kunst - und in der Musik zählt in diesem Sinn nur die Komposition dazu. Es käme doch niemandem in den Sinn, alte Kunstwerke an unsere Zeit anpassen zu wollen – im Gegenteil. Es wurde noch in keiner andern Zeit so viel restauriert (= in den Originalzustand zurückversetzt) wie heute. Warum gilt dies nicht auch für die Musikausübung?

Noch in keiner Zeit wie heute hat man sich so für die alte Bauweise der Instrumente interessiert und damit auch versucht, Entwicklungen zurück zu verfolgen, was zu andern Klangergebnissen führte. Dabei sei aber auch die Frage erlaubt, warum dies nicht auch für das Tempo gilt. Sind die Musiker überfordert? - Schon Mozart schrieb in einem Brief an seinen Vater: Übrigens ist es auch viell leichter eine Sache geschwind, als langsam zu spielen.

Zwei Respiro-Klangbeispiele
von Walter Nater

Johann-Friedrich Fasch

Kyrie

aus Missa Tota
C-Dur, FWV C1
für Soli, Chor und Orchester

Wolfgang Amadeus Mozart

Kyrie

aus Litaniae de
venerablili altaris Sacramento
KV 243
für Soli, Chor und Orchester

Wo bleibt die Ruhe?

Der moderne Mensch erträgt die Ruhe nur schlecht. Man gewöhnt sich an einen dauernden „musikalischen“ Lärmpegel: in den Läden, in den Wartezimmern, ja sogar am Telefon wird man mit ungewollter Musik berieselt. Anderseits ist es doch eigentlich erschreckend, dass sich schon Kinder mit einem dauernden „Musiknebel“ umgeben. Dabei braucht man Ruhe zum konzentrierten Denken! - Doch „Nach“-Denken ist nicht erwünscht: Menschen, die nicht mehr denken können, lassen sich leichter manipulieren, sei es als Konsumenten, sei es als Staatsbürger! Insofern hat die ruhelose Hast unserer Zeit schon ihren Hintergrund! Trotzdem wird in der heutigen Zeit der Mangel an Ruhe am meisten beklagt. Aber eigentlich nur, um die Ur-Sehnsucht des Menschen nach Harmonie und Geborgenheit in klingende Münze umzuwandeln. Das Geschäft mit Esoterik und (östlich inspirierten) Meditationstechniken boomt.

Die uralten östlichen Musikkulturen basieren auf der Einheit der Schwingungen des menschlichen Seins mit dem All. Aber es ist ein Irrtum, zu glauben, dass unsere westliche Kultur diese Einheit nicht auch hätte. Die grossartigen Kompositionen unserer abendländischen Kultur wurzeln in den gleichen Gesetzen, nur werden diese nicht mehr beachtet. Es ist, wie wenn ein prächtiger Baum seiner Wurzeln beraubt wird: er zeigt eine gewisse Zeit noch seine archaische Schönheit, doch hat er keine Kraft mehr. Nun leben wir aber im Zeitalter der Symptombekämpfung. Es wird alles rekonstruiert, scheinbar so, wie es damals war: alte Instrumente werden gesucht und nachgebaut, man besinnt sich auf alte Aufführungstechniken, man konzertiert bei Kerzenschein – doch alle Materie und Äusserlichkeit ersetzt den geistigen Verlust nie, der durch die Nichtbeachtung der Temporelationen entsteht.

Der menschliche Organismus hat eine natürliche Grenze der Aufnahmefähigkeit, die im Schnitt bei 250msec liegt. Auf die Musik bezogen heisst dies konkret, dass vier Töne pro Sekunde als klar wahrgenommen und verarbeitet werden können. Alles, was schneller geht, wird „verwischt“ - wie in einem anfahrenden Zug. Es ist ein erhabenes Gefühl, mit einem Hochgeschwindigkeitszug von A nach B zu rasen – aber darin die Landschaft erleben kann man nicht! Und doch basiert der Zug auf den gleichen physikalischen Gesetzen wie die Postkutsche. - Ist deshalb Nostalgie wieder so gefragt? Nostalgie im Sinne der östlichen Meditationsmusik, weil die Umgebung wieder intensiver erlebt werden kann?

Respiro-Musik spricht interessanterweise auch Leute an, die mit sog. klassischer Musik nichts anfangen können. Die moderne Interpretation der alten Musik überfordert den nicht musikalisch gebildeten Menschen, weil „die Seele nicht mitkommen kann“. Sie ist vergleichbar mit einem Tragflügelboot: je höher das Tempo, desto oberflächlicher im wahrsten Sinn des Wortes: das Boot hebt sich aus dem Wasser und flitzt auf der Oberfläche dahin. Doch Musik ist da ganz anders: hier ist der Weg das Ziel, da geht es nicht darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen, sondern die Schönheiten des Weges zu geniessen und sich daran erfreuen zu können – und das braucht Zeit!

Unsere hektische Zeit braucht die Musik wieder als das, wozu sie geschaffen wurde: als Ruhepunkt  und Meditation! „Zur Ehre Gottes und zur Recreation des Gemüths“ – so war Bachs Forderung an die Musik. Werden wir dieser Forderung wieder gerecht – als Überlebensstrategie des grossartigen abendländischen Kulturgutes und zum Nutzen des gestressten Menschen!

Musik in der Therapie

Die positive Wirkung von aktiver wie passiver Musiktherapie ist heute weitgehend anerkannt. Es ist inzwischen der Hirnforschung gelungen, via Hirnwellen die Hirntätigkeit zu messen. Man spricht von vier verschiedenen Hirnfrequenzbereichen: dem Alpha-, dem Beta, dem Theta- und dem Deltabereich, wobei der letztere (0,5 bis 4 Hz) dem Bereich des Tiefschlafs zugeordnet wird. In diesem Zusammenhang hat man festgestellt, dass erstaunlicherweise nur die pulsgerichtete, d.h. auf den Puls- und Atemfrequenzen basierende Musik (Respiro) bis in den Deltabereich dringen kann.

Praktisch heisst dies, dass Respiro-Musik ungeahnte Heileffekte erzielen kann, weil durch die Anregung aller Hirnfrequenzen das gesamte Hirn reaktiviert wird. Leider wird von dieser Tatsache bis heute kaum Notiz genommen, weder von Seite der Musikwissenschaft noch von der Medizin – zum Schaden der Patienten!

In diesem Zusammenhang sei noch auf Musica Medica nach Dr. Y. Schifftan verwiesen. Bei dieser Methode handelt es sich um ein Gerät, mit welchem die Musik einerseits via Kopfhörer direkt auf das limbische System geleitet, anderseits via Vibratoren auf  verschiedene Stellen (Schmerzpunkte) des Körpers übertragen wird. Die akustische und somatosensorische Stimulierung lässt die heilende Wirkung von Musik verstärkt wirken. Es erfolgt u.a. eine Reduktion der Schmerzen und Aktivierung des Gehirns (Hilfe bei Geriatrie-Problemen, positiver Einfluss auf Lernschwierigkeiten etc). Die Erfolge sind erstaunlich!

 


Autor:

Walter Nater
Kreuzlingerstrasse 11
CH - 8555 Müllheim
Tel. CH - 052 763 11 78
G. CH - 052 763 16 57
walternater@respiro.ch

Walter Nater musiziert als Dirigent mit Chor und Orchester nach den Erkenntnissen seiner Forschungen, veröffentlichte fünf CDs mit "pulsgerichteter Musik" und ein Buch über seine Arbeit:

"Viel zu geschwinde"
Das Buch über Tempo und Artikulation in der Musik
Buch und CDs können Sie auf der Website bestellen:
www.respiro.ch

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