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Chronobiologie und Harmonie
1. Teil

Nicht zu wissen, daß man eine Zeitstruktur hat, ist so, als wüßte man nicht, daß man ein Herz oder eine Lunge hat. In jedem Aspekt unserer Physiologie und unseres Lebens erkennen wir, daß wir der Ordnung unterworfen sind, die wir Zeit nennen. Weil Uhren und Terminpläne gesellschaftlicher Aktivitäten ökonomischer Effizienz oder Zweckmäßigkeit dienen, wird der Einzelne lernen müssen, seine eigenen Zyklen wahrzunehmen, um sich im Interesse seiner Gesundheit nach ihnen richten zu können (Dr. Gay Gaer Luce, Report of U.S. Department of Health, Education and Welfare).

Chronos bedeutet Zeit, bios-logos ist die Lehre vom Leben. Chronobiologen sind also Lebenszeiten-Forscher und haben als solche alle Hände voll zu tun. Denn ob Schlafen, Wachen, Wachstum oder Fortpflanzung, Hormonspiegel und Körpertemperatur, Konzentration, Potenz, Geschicklichkeit und Hörvermögen- alles unterliegt der Zeit, mehr noch, unterliegt exakten Rhythmen.

"Es scheint überhaupt keinen Vorgang im Körper zu geben, der nicht in Zyklen abläuft", so der Biochemiker Dr. Ekkehard Haen vom Münchner Institut für Pharmakologie und Chrono-Pionier Professor Jürgen Aschoff pflichtet bei: "Alles, was lebt, tickt im Takt kosmischer Bio-Uhren. Alle Funktionen des Menschen unterliegen einem Rhytmus, der sich aus der Anpassung an die vier Zeitprogramme entwickelt hat: Tages - und Jahreszeiten, sowie Mondphasen und Gezeiten."

Welche Bedeutung diese Rhythmen für die Gesundheit und das Leben haben, ist noch längst nicht voll erkannt. Medizin und Wissenschaft beginnen gerade erst, die vielfältigen biologischen Zeitstrukturen zu verstehen. "Der tickt nicht richtig" - kein Wunder, sind doch mittlerweile beim Menschen mehr als 100 verschiedene biologische Rhythmen unterschiedlicher Dauer bekannt, die nach "Perioden" bestimmt werden, also nach den Zeiten, in denen sie regelmäßig wiederkehren.

Mit unterschiedlichen mathematischen Verfahren analysiert die Chronobiologie die Unzahl innerer Uhren und scannt sie nach biologischen, biochemischen, psychischen und biophysikalischen Zeitreihen, Funktionen und Prozessen. Von besonderer Bedeutung, so Karl J. Pflugbeil in seinem Buch Rhythmen der Natur, sind die folgenden Perioden:

Wichtige Rhythmen

• Der ultraradiane Rhythmus,
der sich in weniger als 24 Stunden wiederholt. Er gilt für die Zahl der Herzschläge und der Atemzüge ebenso wie für die Ausschüttung bestimmter Hormone.

• Der circaseptane Rhythmus
von etwa 7 Tagen Dauer. Er zeigt sich nicht nur im Verlauf bestimmter Erkrankungen wie Asthma, sondern führt auch nach Transplantationen zu Krisenzeiten, während derer die Gefahr einer Abstoßung des verpflanzten Organes besonders groß ist.

• Der circatrigintane Rhythmus
geht über etwa 30 Tage. Bekanntestes Beispiel dafür ist der weibliche Zyklus, auch die Haut des Menschen erneuert sich in dieser Zeit von grundauf.

• Der circannuale Rhythmus
über etwa ein Jahr. Er hat unter anderem Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Frau und die Zahl der Samenzellen beim Mann, sowie auf die Reaktionszeit beim Autofahren und die Anfälligkeit für Krankheiten.

• Der circadiane Rhythmus,
der mit etwa 24 Stunden einen Tag und eine Nacht umfaßt. Dieser wichtigste Rhythmus erfaßt jede Zelle im Körper, bestimmt das ganze Leben und ist am besten erforscht.

Genetisch fixiert

Dabei ist das Auf und Ab im Körper ist keine Reaktion auf Sonnenstand oder Jahreszeit. Der circadiane Tagesrhythmus ist "genetisch fixiert", also in den Erbanlagen festgelegt. Er gilt auch, wenn der Mensch weder Hell noch Dunkel wahrnehmen kann. Beweise dafür erbrachten Versuche des Max-Planck-Institutes für Verhaltensphysiologie in Andechs bei München. Freiwillige begaben sich in unterirdische Isolierkammern, fernab von Telefon und Radio. Während der vierwöchigen Testdauer wurden Schwankungen der Körpertemperatur, Schlafenszeit und Angaben über das Befinden registriert.

Das Resümme überraschte: Der circadiane Rhythmus der Versuchspersonen verlängerte sich auf etwas mehr als 25 Stunden. Der exakte Grund dafür ist zwar noch unbekannt, gesichert aber ist diese Folgerung daraus: Das Abweichen der Periode von den herkömmlichen 24 Stunden ist zurückzuführen auf einen endogenen Rhythmus, der seine Ursache im Organismus selbst haben muß und nicht durch äußere Einflüße bedingt sein kann; anderenfalls nämlich wären die Zeiten des Lebens in der Isolierkammer gänzlich durcheinandergeraten und hätten zu einem Chaos im Körper geführt.

Diese Isolationstests zum Wohle der Wissenschaft ergaben zudem einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern: Frauen brauchen offensichtlich von Natur aus mehr Schlaf; sie ruhten während der Versuche durchschnittlich 1,5 Stunden länger als die beteiligten Männer.

Die drei Disziplinen

Es hat lange gedauert, bis sich die Chronobiologie gegen die Skeptiker durchgesetzt hat, inwischen sind allerdings die Erkenntnisse und Forschungen so zahlreich geworden, daß sie in eine Reihe neuer Teilgebiete zerfiel. Karl J. Pflugbeil über die akademische Zellteilung:

• Die Chronomedizin,
welche den stetigen Wechsel im Körper bei der Entstehung von Krankheiten erforscht, bei der Diagnose berücksichtigt und der Therapie nutzt.

• Die Chronopharmakologie,
die davon ausgeht, daß dasselbe Arzneimittel zu verschiedenen Tageszeiten auch unterschiedliche Effekte hat; statt des sturen "3mal täglich" soll die Anwendung der Medikamente dem Biorhythmus angepaßt werden, um größere Wirkung bei weniger Nebenwirkungen zu erzielen.

• Die Chronohygiene,
die in einem geordneten Leben nach der natürlichen Zeitordnung eine Möglichkeit zur Gesunderhaltung sieht und folgerichtig warnt: Wer häufig gegen seinen biologischen Rhythmus lebt, wird krank davon. Das ist an sich nicht neu, es war bereits dem Ahnherr aller Ärzte bekannt. Der Grieche Hippokrates (460-375 v. Chr.) lehrte: "Regelmäßigkeit in der Lebensführung ist ein Zeichen von Gesundheit. Unregelmäßige Körperfunktionen oder unregelmäßige Lebensgewohnheiten schaffen ungesunde Bedingungen«.

Der Mensch ist eine Uhr

… sagt Professor Franz Halberg von der US-Universität Minnesota in Minneapolis und bringt damit die Erkenntisse der Chronobiologen auf den Punkt. Der Österreicher ist davon überzeugt, daß jeder Mensch einem biologischen Stunden-, Tages- und Jahresrhythmus unterliegt, der für die Therapie genutzt werden könnte. Denn auch Krankheiten haben ihren eigenen Rhythmus: Asthmaanfälle häufen sich meist in der Nacht, Herzinfarkte überwiegend zwischen zehn und zwölf, Hirninfarkte bevorzugen die Zeit um drei Uhr nachts und Unfälle ereignen sich zwischen drei und vier Uhr morgens mit sechzehnfacher Häufigkeit - auch wenn die meisten Unfallfahrer zuvor acht Stunden geschlafen hatten!

Dennoch: Unser biologische Rhytmus ist keinen starren Regeln unterworfen. Es gibt sogenannte Morgen- und Abendtypen, die sich chronobiologisch voneinander unterscheiden. Doch auch bei Extremtypen beträgt die Abweichung nur bis zu 20 Prozent, daher lassen sich durchaus allgemeingültige Schlüsse aus der Chronobiologie ziehen.

DOSSIER: Day after day ...

6 Uhr: Herz schlägt wieder schneller, der Organismus startet durch
7-9 Uhr: Unser Hormongipfel
8-10: Weniger Schmerzen
9 : Ideal für Problemlösungen, analytische Verstand in Hochform.
10: Topfit & hellwach, Kopf in Bestform
11 Uhr: Der Höhepunkt des Tages ...

12 Uhr: ... ist überschritten
13-14: Zeit für eine Pause!
15-16: Neuer geistiger Aufschwung, die Lernphase
17: Das zweite Hoch, Geruch & Geschmack am schärfsten

18-19 Uhr: Zeit für Ruhe und Erholung
20: EntspannungsZeit, beste Reaktionszeit am Steuer!
21: Der Magen geht zur Ruh ...
23: Zeit, um ins Bett zu gehen. Andererseits

23-1 Uhr: Kreativitäts-Hoch, künstlerisch wertvoll!
1: Die Traumzeit
2: Alle Systeme stoppen, nur Leber und Haut auf Hochtouren

3 Uhr: Tiefpunkt & Wendezeit
4: Achtung Raucher: Luft wird knapp
5: Nieren auf dem Tiefpunkt
6: Herz schlägt wieder schneller, der Organismus startet durch


Chinesische Organuhr


Weiter zum 2. Teil, die Themen:
Rhythmen des Menschen und der Musik
Die drei Sekunden Gegenwart
Linkliste Chronobiologie


Auf einen Blick
Musik, Brain und Mind - die Artikel

Chronobiologie
Wir ticken im Takt kosmischer Uhren

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Die Lehre des Glücks - mit Rezepten für Neuroshakes

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