Sound
Design zwischen Wohlklang
und Handlungs-Steuerung, 1. Tei
Was
macht den richtigen Klang aus? Wie müssen Autotüren,
Bierflaschen und CD Player klingen? Über den Zusammenhang
zwischen Klang und Kaufentscheidung, Harmonie und Handlungssteuerung.
Zweiteiliges Special über Sound Design, incl. praktischer
Tips und Frequenzangaben für Musiker und den Mann
am Mixer.
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zu Sound Design, 2. Teil
Der
Seidenschrei
Das
Knistern der Seide, der letzte "Seidenschrei", galt in
der Renaissance als ein Erkennungszeichen der Damen höherer
Stände. Also versuchte man, den stillen Schrei auch
mit anderen Stoffen zu erreichen. Die frühen Sound
Designer experimentierten mit Milch- und Essigsäure,
Seife und Fett, wenn auch mit mäßigen Erfolg.
500 Jahre später später hat sich zwar einiges
verändert, aber eins ist gleich geblieben: Hochwertiges
muß auch so klingen!
Brroouummm
Ob
die Tür eines Mercedes oder der Motor eines Porsche,
Kaufentscheidungen fallen weitgehend unbewußt und
- neben den technischen Werten und dem Design - ist es
vor allem unser Gehör, das überzeugt sein will.
Dem "unverwechselbaren" Sound eines Fahrzeugs fällt
eine wichtige Rolle zu - und deshalb beschäftigt
die Automobilbranche auch die meisten Sound Designer.
Keine leichte Aufgabe, als es noch keine Grenzwerte gab,
war es leichter, einen unverwechselbaren Sound (und das
damit verbundene "emotionale Profil") zu schaffen. Der
Motorklang wird im wesentlichen vom Auspuff geprägt
und läßt sich durch "Schallführung" manipulieren:
Man kann das Rohr erweitern oder verengen, Dämmstoffe
und Gummipuffer anbringen, Teppichfasern aufsprühen
und Gehäuseteile umformen - bis aus einem dršgen
bbrrrmmm ein lustvoll stöhnendes brooouumm wird.
Der
Wagen wird zur Symphonie
Damit
gibt sich Sound Design längst nicht mehr zufrieden.
Der ganze Wagen wird zur Symphonie: Lichtmaschine, Servolenkung,
Klimakompression, alles aufeinander abgestimmt, nichts
darf scheppern, rasseln oder klappern. Was unseren Ohren
angenehm, teuer, rauh oder gefällig vorkommt, steht
für psychologische Dimensionen, die über Akzeptanz
und Zuverlässigkeit entscheiden - und damit über
Marktanteile. Also ist der typische Sound einer Harley
ebenso patentiert, wie das Klicken einer Hasselblad oder
das Zuklappen der Autotür eines Daimlers. Schalldämpfer
und Active Noise All das und mehr vor Ohren, überprüfen
Sounddesigner ihre Werke regelmässig in abgeschirmten
Schallkabinen.
Wie
die Tür ins Schloss fällt, das "Klack" beim
Aufschließen mit der Fernbedienung - immer wieder
gilt es hinzuhören, zu vergleichen, aufwendige Versuchs-
und Testreihen durchzuführen. Sind 10001 Details
sorgfältig orchestriert, steht am Ende der typische
Sound eines Porsche, BMW oder Trabbis. Autos könnten
längst viel leiser sein - Drehzahl-Sensor im Motor
anbringen, den Lärm in der Fahrzeugkabine messen
und als gegenphasiges Signal in den Innenraum übertragen
... das scheint aber nicht gefragt zu sein.
Targetsound
Nach
dem Erfolg der Autoindustrie wurden auch andere Branchen
aufmerksam. Staubsauger (kraftvoll), Toaster (wertig)
und Waschmaschinen (zuverlässig), ãfür jede
Produktklasse versucht man, einen Target-Sound zu entwickeln",
doziert Michael Bednarzik vom Institut für Kommunikationsakustik
der Universität Bochum, der Sound Designer und Pschoakustiker
ausgebildet. Er lehrt, was man über Kiloherz und
Dezibel, Energiemenge und Frequenzgang wei§, und Klänge
als kraftvoll, angenehm, schrill oder billig wahrgenommen
wird: die Domäne der Psychoakustik.
DOSSIER:
Klänge - tauchen in
musikalischen Kompositionen auf - sind das kleinste Element
in der Musik - gebildet durch einen Ton, ein Geräusch
oder ein Gemisch von beidem. Die Qualität wird definiert
durch Klangfarbe und Resonanz.
Positive Klangfarben sind:
Warm, weich, zart, strahlend, brillant, glanzvoll
Negative
Klangfarben: Rauh, heiser, luftig, herb, grob, röhrend,
stumpf, zittrig.
Geräusche sind: Hörbare
Schallereignisse mit unbestimmter Höhe Töne
sind: Hörbare Luftschwingungen mit definierbarer
Tonhöhe
Gütekriterien
des Wohlklangs
Seit
Anfang der Siebziger beschäftigen sich Wissenschaftler
systematisch mit den Parametern des Wohlklangs. Dazu zählen
Lautheit
Schärfe
Rauhigkeit
und
Tonhaltigkeit (Klanghaftigkeit)
Rauh
ist das Brummen des Rasierers, das Dieselgeräusch
oder ein rollendes R. Scharf klingen Kreissägen,
Zahnarztbohrer und zischende Ventiel. Tonhaltig
sind Sirenen, ein Föhn und heulender Wind. Klänge
werden dann als angenehm empfunden, wenn sie überwiegend
tonhaft sind und nur wenig rauhe und schrille Anteile
enthalten. Alles klar? Wohl kaum, denn auch nach 30 Jahren
Forschung gibt es immer noch keine Formel, um das menschliche
Empfingung in Sachen Schall mathematisch abzubilden. Zu
komplex ist Zusammenspiel zwischen Lautstärke und
Frequenz, individueller Präferenz und emotionaler
Bewertung. Ausserdem funktionieren unsere Sinne ausgesprochen
fuzzy: sie runden auf und schwächen ab, addieren,
subtrahieren und verwischen die Grenzen zwischen Physik,
Physiologie und Psychologie. Also bleibt den Sound Designern
- neben einer Reihe von Formeln - nichts übrig, als
aufwendige Tests durchzuführen, um den richtigen
Sound für die Zielgruppe zu finden.zu finden.
Sound
als Rückmeldung
Geräusche
können uns wichtige Informationen über Funktionen
geben, denken Sie an das Raspeln eines Rasierers: Ohne
akustisches Feedback hätte man das Gefühl,
er rasiert nicht richtig. Und er muss männlicher
klingen, als ein (technisch identisches) Epiliergerätes.
Im Philips Research Center Endhoven (400 Ingenieure, vier
Sounddesigner) fand man zum Beispiel auch heraus, daß
das Einzugsgeräusch eines CD Players für Käufer
ein wichtiges Qualitätskriterium darstellt. Satt
und saugend muß es klingen, wenn die Scheibe eingezogen
wird. Dabei spielt die Lademechanik keine Rolle
für die Wiedergabequalität - doch der "Sound
of Quality" muß stimmen - er steht für
Qualität.
Biologisches
Klangdesign
Und
so tastet man sich vorwärts, im Niemandsland zwischen
Indusrie, Zeitgeist (Knusperforschung: Sounddesign bei
Lebensmitteln), Psychologie und Mechanik. Ein Beispiel
für den systemübergreifenden Ansatz der Psychoakustik
ist die englische Biologin Deborah Withington, Professor
of Auditory Neuroscience, University of Leeds. Bei ihrer
Beschäftigung mit der Fähigkeit von Tieren,
Klänge zu orten, die auf eine potentielle Gefahren
hinweisen, kam sie auf seltsame Ideen, die inzwischen
zwanzig Mitarbeiter auf Trab halten. Sie entwickeln Sounds
für Überwachungskameras (machen bei Überfall
ein Geräusch, in dessen Richtung der Bankräuber
unwillkürlich schaut, was die Identifikation erleichtert),
designen Martinshörner, Alarmsysteme für Flughäfen
und optimieren Sirenen.
Neue
Klänge für Sirenen
Sirenen
jaulen zwischen 500 und 3.000 Hz, was für die
Ortung der Fahrzeuge nicht gerade optimal ist. Besser
wäre ein breitbandiges Krächzen, was uns
eine fünf Grad genaue räumliche Ortung der Klangquelle
ermöglicht. Also entwickelte Deborah Withington eine
Alternative, mit der in England bereits die ersten Feuerwehren,
Rettungs- und Streifenwagen unterwegs sind. Erfolgreich,
denn statistisch kommen krächzende Fahrzeuge zehn
Prozent schneller ans Ziel, was im Notfall Leben
retten kann. Und das, obwohl der neue Klang sogar wesentlich
leiser ist.
Um
ihre Zukunft macht sich Prof. Withington keine Sorgen:
Unzählige Sirenen und Alarmsysteme warten in Banken,
Schulen, Schiffen, in Autos, Bergwerken, Tunneln und Flughäfen
auf psychoakustische Optimierung.
Klänge
für das Himmelreich
Der
Spiegel zum Thema: "Einem ideenreichen Sounddesigner
steht zum Beispiel ein Himmelreich offen, wenn er kaltem
und heißen Wasser beim Ausschenken unterschiedliche
Klänge gibt: bobbelboppel, blubelitsblubelits, glubamurk,
Shooka-swish-kish, zammandassah." Und was das
bierselige Glück, Glück, Glück angeht:
Synotec-Psychinformatik hat die Form einer Bierflasche
so modifiziert, daß das Gluckern beim Einschenken
ein tieffrequentes Blubbern erzeugt, das Wohligkeit und
Ruhe suggeriert. Na den Probst!
Linkempfehlung:
SoundDesign
Webseite der Sounddesigner Ronnebaum
& Springer. Mit einer
Beschreibungen der psychoakustischen Parameter und zahlreichen
Geräuschbeispielen, Informationen über akustisches
Produktdesign wie
Geräuschentstehung, Geräuschwirkung, Gestaltungsmöglichkeiten
Akustische
Phonetik
FilmSound.org
Portal rund um akustische und filmische Themen, ziemlich
umfassend mit heißen Topics und vielen Links in
unterschiedliche Weiten und Tiefen der Akustik im Film
Film-Sounddesign
Website von Prof. Lensing über Sound Design im Film
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Sound
Design, 2. Teil