Halb
so schnell-
doppelt so langsam
Hören
wir klassische Musik doppelt so schnell, wie es die
Komponisten eigentlich notierten? Tempo giusto heißt
eine Bewegung, die davon ausgeht, daß wir den
Takt des Metronoms "falsch" verstanden haben
(siehe Kasten). Namen wie Grete Wehmeyer und Respiro
fallen mir dazu ein, aber auch Forschungen von Gunter
Haffelder die nahelegen, daß das halbe Tempo
der Verarbeitungsgeschwindigkeit des Gehirns entgegenkommt:
"Normal
erfolgen Melodie- und Harmoniewechsel viel zu schnell
und das Gehirn hat nicht genügend Zeit, sich darauf
einzustellen. Doch es funktioniert mit klassischer Musik,
die unter Beibehaltung der ursprünglichen Tonhöhe,
aber mit halbiertem Rhytmus aufgenommen wurde. Ein Schweizer
Drogist, Walter Nater, hat hier eindrucksvolle Versuche
gemacht, die wir untersucht haben. Mit dem Ergebnis,
daß solche modifizierte Musik dem Gehirn die optimalen
Voraussetzungen bietet, sich neu zu ordnen. Mit allen
therapeutischen Effekten, die die Klassik mit sich bringt.
Und diese Musik tut nicht nur, sie klingt auch gut:
Wenn man sie gehört hat, erscheinen die "normalen"
Interpretationen plötzlich viel zu hektisch ..."
Ist
das Metronom an allem schuld?
1818:
Erfindung des mechanischen Metronoms: Das Metronom (griechisch
= Taktmesser) ist ein mechanisches Hilfsmittel zur genauen
Festlegung des musikalischen Tempos. Das von dem Mechaniker
Johann Nepomuk Mälzel (1772 bis 1838) entwickelte
Metronom arbeitet mit einem durch ein Federwerk getriebenen
Pendel, das 40- bis 200-mal in der Minute ausschlägt
und dessen Geschwindigkeit durch ein verschiebbares
Gewicht reguliert wird. Komponisten schreiben das Tempo
einzelner Sätze häufig als Metronom-Angaben
vor (z. B. MM = 72: 72 Viertelschläge in der Minute).
Bekannt wurde Johann Nepomuk Mälzel in den Jahren
1812 bis 1814 durch die Anfertigung einiger Hörrohre
für Ludwig van Beethoven.
Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts konstruierten sogenannte
"Musikmaschinisten" wie Johann Nepomuk Mälzel
ganze selbstspielende Orchester, die "Orchestrien".
Im “Deutschen Museum” steht “Der Trompeter”,
den Vater und Sohn Kaufmann in den Jahren 1810 bis 1812
bauten. Er war wahrscheinlich durch den aufsehenerregenden
einfacheren Trompeterautomaten des Wiener Automatenbauers
Mälzel angeregt worden.
Lutz
Hübner schrieb für die Oper Magdeburg und
die EXPO 2000 in Hannover ein Stück über
diesen hochbegabten Menschen, getrieben von der Sehnsucht
nach der perfekten Welt und von der Angst vor der Realität
des Körpers. Er entwarf ein schrilles Szenario
über das Leben des Johann Nepomuk Mälzel,
Erfinder des Metronoms, der sprechenden Puppe, der mit
Maschinen experimentierte, die das Radio und das Medium
Fernsehen vorwegnahmen. Mälzel, der ewig Sehnsüchtige,
der Freund Beethovens und Salieris, der in Fürstenhäusern
ein- und ausgeht, dessen Shows in Europa und später
in Amerika ausverkaufte Attraktionen sind. Von der Industrialisierung
überrollt begeht Mälzel einsam und vergessen
auf einem Fährschiff Selbstmord. Aus: tanz-metronom.de
Was
ist Tempo Giusto ?
Tempo
giusto heißt „rechtes, passendes,
dem Inhalt des Musikstückes angemessenes
Tempo” und ist eine gängige Vortragsbezeichnung
besonders des 18. Jahrhunderts. Musikwissenschaftliche
Forschungen der letzten 20 Jahre zuerst durch
Willem Retze Talsma, dann Grete Wehmeyer,
Clemens von Gleich u.v.a. haben die Erkenntnis
gebracht, die Musik bis etwa zur Mitte des
19. Jahrhunderts würde seit weit über
hundert Jahren doppelt zu schnell gespielt.
® Ch. V. Alkan. ® Fr. Chopin.
Ausgangspunkt
ist die Theorie von W. R. Talsma („Die
Wiedergeburt der Klassiker”, 1980),
die besagt, daß die überlieferten
Metronomzahlen metrisch gemeint sind. Das
Metronompendel muß bei Einstellung auf
die angegebene Zahl in dem notierten Notenwert
hin- und zurückschlagen. Es sind dann
zwei „Ticks” zu hören, wo
nach dem mathematischen Verständnis nur
ein „Tick” richtig wäre.
Es wird also die Vollschwingung des Pendels
(1 Hin- und Zurückbewegung) der Tempobestimmung
zugrunde gelegt. Das Ergebnis ist die Hälfte
der heute üblichen und für bisher
authentisch gehaltenen Geschwindigkeit.
So
läßt es sich beispielsweise erklären,
warum falsch interpretierte Metronomzahlen
viele Werke der Klassik und Frühromantik
unspielbar erscheinen lassen. Kein Pianist
ist in der Lage, eine Etüde aus Carl
Czernys Schule der Geläufigkeit nach
den Metronomzahlen auszuführen, kein
Orchester von der übermenschlichen Fähigkeit,
eine Symphonie von Ludwig van Beethoven sauber
nach den überlieferten Metronomzahlen
aufzuführen.Die
Beispiele lassen sich beliebig vermehren und
auf Johann Sebastian Bachs Zeit und
davor ausdehnen. Doch selbst, wenn es keine
Metronomzahlen gäbe, legte die Art der
Musikausübung, wie sie aus den zeitgenössischen
Quellen (Lehrbücher, Tagebücher,
Briefe etc.) sich darstellt, ein ursprünglich
wesentlich langsameres Tempo nahe. Diese Quellen
werden aber offensichtlich weder an den Musik-
hochschulen gelesen noch gar im Unterricht
oder im Konzertbe- trieb verwendet - trotz
eines in anderen Bereichen manchmal übertriebenen
Historizismus. Auszug
aus: tempoguisto.de
Tempo
Guisto - die Website
Hinter
tempogiusto.de
steckt "Uwe Kliemt, klassisch ausgebildeter
Pianist und ZEIT-Experte, Mitglied im VEREIN
zur VERZÖGERUNG der ZEIT. Seine reich
verlinkte Website ist das amtliche Webportal
zum Thema, gibt einen Überblick über
musikalische Mitstreiter und Weggenossen,
Literatur und Hörbeispiele, AKTUELLE
KONZERTTERMINE und vieles mehr: Klare
Empfehlung!
|
Eine
Mail des Schweizer Drogisten Walter
Nater bracht mich dazu, das Thema und einen Artikel
von ihm näher vorzustellen, dafür vielen
Dank! Und lassen Sie sich ruhig Zeit beim Lesen und
genießen Sie dabei die beiden Hörproben,
die Sie weiter unten im Artikel finden: Viel Vergnügen!
Respiro
- Musik, die berührt
von
Walter Nater
"Manchmal
hat es einen richtig gefroren, so ist die Musik eingegangen."
Warum
Respiro?
Respiro
heisst Atem, auch Ruhe. Der Name ist schon Programm:
Musik unter diesem Namen bedeutet Musik zum Atmen, zur
Ruhe – kurz: zur Erholung. Atem ist Geist –
Geist ist Atem.
„Atemlos“
gilt heute als besondere Auszeichnung. Welche Umkehrung
der Werte! Atemlose und damit gezwungenermassen auch
weitgehend geistlose Musik wird in unserer Zeit als
erstrebenswert erachtet.
Respiro
bedeutet, dass der pulsierende Rhythmus des alten Taktverständnisses
wieder hör- und spürbar gemacht werden soll.
In früheren Lehrbüchern wird überliefert,
dass in der Musik zwo lange Noten von einerley Grösse
und Accent ganz unmöglich sind (J. A. Scheibe 1739).
Zwei gleiche aufeinanderfolgende Noten sind immer inegal,
d.h. entweder ist die erste „lang“ bezw.
betont und die zweite „kurz“ bezw. unbetont
(= Trochäus) oder umgekehrt (= Jambus). Dieses
Wissen um den Takt ist während der Romantik verloren
gegangen. So ist z.B. das vielgerühmte „perlende“
Spiel bei Mozart historisch nicht haltbar.
Lebhafte
Diskussion zum Thema:
Lang
lebe der wissenschaftliche Disput, daher unkommentiert
folgende Mail, die mich zu diesem Thema im Juli
2006 erreichte:
Sehr
geehrter Herr Berger,
Ich möchte Sie mit einer Stelle aus dem siebten Kapitel "vom Gebrauch
des Mälzelschen Metronoms (Taktmessers.)" aus Carl Czernys
theoretisch-practischer Pianoforte-Schule bekannt machen:
"Wenn daher zum Beispiel die Vorzeichnung kommt: M.M. [Viertel] =
112, so rückt man das mettallene, an der vordern mit Einschnitten
versehenen Stange angebrachte Dreick genau auf jenen Einschnitt, der mit der rückwärts
befindlichen Zahl 112 in einer Linie steht, lässt
die
Stange frei schlagen, und spielt jede Viertelnote genau nach den
*hörbaren Schlägen* des Metronoms." (Meine Hervorhebung)
Es
ließen
sich viel feinere und interessantere Argumente gegen die
"
metrische" Verschwörungstheorie anführen, aber da sich glücklicherweise
ein Zeitgenosse hergegeben hat, das Offensichtliche in Worten auszudrücken,
können wir bei der Diskussion von Musik ebensoviel Zeit
sparen wie bei ihrer Aufführung.
Ihre
website ist sehr interessant und gerade deshalb empfehle ich, den Artikel "respiro" herunterzunehmen
oder mit kritischen Anmerkungen zu versehen; leider ist der Humbug von den
halben Tempi inzwischen weit verbreitet,
da die Wahrheit mit deutlich weniger propagandistischem
Eifer betrieben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Küster
Ithaca, N.Y.
Antwort
Oktober 2006 von Walter Nader, ebenfalls via eMail:
Lieber
Herr Lutz,
Ich
habe wieder einmal in Ihre Website geschaut - und
da habe ich das erwähnte
Mail gesehen. Es gibt schon sehr gescheite Leute,
aber Lesen können sie trotzdem nicht.
Darf ich Sie auf ein kleines, aber wichtiges
Detail
aufmerksam
machen?
Herr
Küster zitiert Mälzel,
aber er liest nicht genau: Mälzer schreibt "und
spielt jede Viertelnote genau nach den hörbaren
Schlägen des Metronoms". Warum
wohl schreibt Mälzel "Viertelnote" in
Singular und "hörbare Schläge" im
Plural??? Weil
jede Viertelnote zwei hörbare Schläge
dauert! - Darüber gibt es wohl nichts
mehr zu diskutieren, auf jeden Fall ist mir
die Musikwissenschaft
den Beweis für meinen "Irrtum" schuldig
geblieben...! Dass nämlich die Dualität
des Pendelgesetzes hinter dem Metronom wirksam
ist, haben diese Leute völlig vergessen.
A
propos: Ich habe mir das Requiem von Mozart
auf CD bestellt, dirigiert von Sergiu Celibidache.
Die Aufführung ist ein Traum!!!
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen das
Programm für unser nächster Konzert beifügen.
Die Messe von Michael Haydn dauert nach Angaben
von Leopold Mozart (zitiert nach einem Brief an
seinen Sohn) "5 viertl Stunde" - auf
der CD, die man kaufen kann, dauert sie 41
Minuten!!! Nach meinen Berechnungen wird meine
Interpretation rund 70 Minuten reine Spielzeit
dauern + die Pausen. Wer hat nun recht?
Noch eine kleine Frage: Sind die Musikbeispiele
nicht mehr aktiviert? - Könnten Sie neuere
Beispiele einspielen?
Mit herzlichen Grüssen
Walter Nater
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Zwei
Respiro-Klangbeispiele
von Walter Nater
Autor:
Walter
Nater
Kreuzlingerstrasse 11
CH - 8555 Müllheim
Tel. CH - 052 763 11 78
G. CH - 052 763 16 57
walternater@respiro.ch
Walter
Nater musiziert als Dirigent mit Chor und Orchester
nach den Erkenntnissen seiner Forschungen, veröffentlichte
fünf CDs mit "pulsgerichteter Musik"
und ein Buch über seine Arbeit:
"Viel
zu geschwinde"
Walter Nater über Tempo und Artikulation in der
Musik. Das Buch und doe CDs können Sie auf seiner
Webseite bestellen, wo zahlreiche weitere Klangbeispiele
und Konzerttermine auf Sie warten: www.respiro.ch
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zum 2. Teil