Der
6. Kondratieff,
2 . Teil
Erste
Anzeichen
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus - und
schlagen sich bereits im cash flow nieder! Dotcom-gebeutelte
Börsianer investieren
zunehmend in gesundheits-orientierte Startups, die sich
auch des wachsenden Interesses der großen Fonds erfreuen.
Dazu paßt das Engagement des Finanztycoons Michael
Milken, der in den Achtzigern mit Junk-Bonds eine neue
Finanzbranche entwickelte und 1987 mehr als 500 Millionen
Dollar verdiente. Danach verbrachte er einige Jahre im Gefängnis,
um schließlich bei der Entlassung mitgeteilt zu bekommen,
daß er Krebs hat.
Er
nahm die Herausforderung an - und entdeckte dabei den
sechsten Kondratieff. Michael Milken ist inzwischen überzeugt,
daß "die zwei wichtigsten Aufgaben im
21. Jahrhundert in der medizinischen Forschung und der
Bildung liegen". Zusammen mit Oracle-Gründer
und Multimilliardär Larry Ellison investierte man
mehr als 500 Millionen Dollar in das Gemeinschaftsunternehmen
"Knowledge Universe" und andere Projekte. Es
geht voran!
Weiche
Faktoren
Wohin
allerdings, ist unklar. Denn während die Basisinnovationen
bisher eher materieller Natur waren (Dampfmaschine, Motor,
Computer etc), könnte sich der Schwerpunkt der nächsten
Welle in eine neue Richtung bewegen. Nochmal Morgenwelt
Herausgeber Volker Lange im Gespräch mit Leo A. Nefiodow:
"Sie sagten, die Wissenschaft spielt für diese
langen Zyklen eine zentrale Rolle. Welche Wissenschaftsdisziplin
wird für den sechsten Kondratieff-Zyklus entscheidend
sein?
Nefiodow:
"Ich bin der festen Überzeugung, daß der
nächste Innovationsschub im wesentlichen davon abhängt,
daß wir künftig die weichen Faktoren besser
nutzen. Damit meine ich Kompetenzen im Umgang mit Menschen,
Kreativität, Motivation, Verantwortungsgefühl,
und vor allem die Bereitschaft, sich für eine Sache
einzusetzen." Lange: Das klingt eher nach Sozialarbeit
als nach den Bedürfnissen der Industrie.
Nefiodow:
Im Gegenteil, genau das sind die Faktoren, die gerade
in der Wirtschaft immer wichtiger werden.Große
Produktionsfortschritte erzielt man heute nicht mehr in
erster Linie durch noch bessere Hardware, durch noch bessere
Technik oder durch besseren Zugang zu Fremdkapital. Die
wirklichen Durchbrüche in der Produktivität,
in Größenordnungen von 30, 100 bis zu 1000
Prozent, erreicht man dadurch, daß man die Art und
Weise, wie Menschen zusammenarbeiten, anders gestaltet:
Umorganisation in Richtung Gruppenarbeit".
Die
alte und die neue Wirtschaft
Dieser
Prozess ist bereits seit längerem im Gange, die Industry
Week mit Block auf die Management-Unterschiede zwischen
1970 und 1995:
•
1970 standen physischer Input, Wachstum, Zustimmung, Kontrolle,
Komfort, Konsequenz, Form und Sicherheit ganz weit oben,
•
1995 geht es um den mentalen und emotionalen Input, um
Profit, Konsens, Übereinstimmung, Herausforderung,
konstante Verbesserungen, Resultate und Kreativität.
Die
Alte Wirtschaft, so W.
Brian Arthur im Millenium
Whole Earth Catalog, baut auf
• Sinkende Erträgen, statisches Denken, soziale
Uniformität, Quantität und Preise, basierend
auf der Physik des 19. Jahrhunderts (Gleichgewicht, Stabilität
und deterministische Dynamik).
• Die Neue Wirtschaft setzt
dagegen auf steigende Erträge, Individualität
und Unterschiede, Muster und Möglichkeiten, Chaoskompatibilität
und kommt von der Biologie (Struktur, Muster, Selbstorganisation
und Lebenszyklen).
Während
bisher natürliche Ressourcen die treibende Kraft
waren, sind es heute Wissen und Information. Daher sind
Hirarchie und Kontrolle Modelle von gestern, heute zahlt
sich Vertrauen aus (der beste Weg, um Komplexität
zu redizieren). Interdisziplinarität wird wichtiger,
Humankapital und Kommunikation. Wir sollten lernen langfristig
zu denken, Busines und Gesellschaft zu synchronisieren
und - entsprechend unseren Erkenntnissen auch zu handeln!
Es ist schon ironisch, daß DaimlerChrysler heute
dieselben Management-Probleme hat wie früher der
Kreml".
Strukturreformen
Aller
Anfang ist schwer, und während sich Umweltschutz
und "technologien bereits in der Wachstumsphase befinden,
steckt der arbeitsintensiven Markt für psychosoziale
Gesundheit noch in den Kinderschuhen. Denn, so Leo Nefiodow,
" das derzeitige, biologisch-chemisch-technisch ausgerichtete
Gesundheitswesen ist noch auf das alte, patho-genetische
Modell orientiert, demzufolge in einer Dauerkrise und
hat die konsequente Umorientierung auf Gesundheit noch
nicht vollzogen. Hier werden wir noch mehrere "Strukturreformen"
bekommen, bevor es aufwärts geht. Aber man darf nicht
vergessen: Kondratieffzyklen sind Reorganisationsprozesse
der Gesellschaft -der ganzen Gesellschaft.
Geht
man von den bisher getroffenen Weichenstellungen in Deutschland
und Europa aus, dann wird der sechste Kondratieff in den
nächsten fünf Jahren noch nicht richtig in Schwung
kommen. Es bleibt noch sehr viel zu tun, bevor die Produktivitätsreserven
des Gesundheits-sektors konsequent erschlossen werden
und eine neue, lange Phase der Prosperität und Vollbeschäftigung
anbrechen kann (Leo Nefiodow in chemie report 5/6 99)."
Schöne
Aussichten?
Sieben
Jahre ist es her, daß Leo Nefiodow sein Buch über
K6 geschrieben hat - und zweifelsohne verdichten sich
die Anzeichen, die er damals am Horizont erkannte. Aber
das Licht am Ende eines Tunnels kann auch ein entgegenkommender
Zug sein und das Thema ist für manche Überraschung
gut. Und für Spekulationen - denn die meisten meiner
Klienten, die ich in Sachen K6 berate, neigen dazu, die
Gegenwart linear in die Zukunft hinein zu verlängern.
Getreu dem Motto: Es muß was geschehen, aber es
darf nichts passieren.
Ob
sich ein neuer Kondratieff-Zyklus dafür eignet, wird
sich zeigen. Nicht jeder Pflasterhersteller wird von dem
Boom profitieren und manche Pharmafirma dürfte sich
noch wundern. Und wo bitte steht, daß Medizin möglichst
kompliziert, ungenüßlich, lieblos, ineffektiv,
teuer, einfarbig und so wenig unterhaltsam sein muß?
Wen immer mehr Menchen ihre Gesundheit in die eigenen
Hände nehmen (müssen), werden sie eher zu einer
Mischung aus Entertainment und Therapie neigen, als zu
bitteren Pillen und langweiligen Kuren? Aber solche Szenarien
sind Stoff für einen anderen Artikel, ich geh jetzt
erst einmal spazieren ...
Leo
A. Nefiodow
"Der
sechste Kondratieff. Wege zur Produktivität
und Vollbeschäftigung im Zeitalter der Information"
3. Auflage 1999, Hardcover, 258 Seiten Rhein-Sieg-Verlag,
ISBN 3980514439, DM 48.-
"Kondratieffs
Zyklen der Wirtschaft"
von Hans Thomas u. Leo A. Nefiodow, 1998,
Taschenbuch,Ê 350 Seiten, Busse u. Seewald, Herf.;
ISBN: 3512031773, DM 32.-
Kontakt:
Schloß
Birlinghoven
D-53754 Sankt Augustin
Telefon: +49 -2241 -14 -2525
Telefax: +49 -2241 -14 -2
Interview
mit Leo A. Nefiodew
Aus: "Der Wissenschaftler Leo A. Nefiodow über
die Zukunft der Wirtschaft
und die Bedeutung der "soft skills" Volker Lange
/ MorgenWelt 06-99
Interview
mit Leo A. Nefiodow
Leo
A. Nefiodow (Bio, Publikationen tec.) unter:
http://www.gmd.de/People/Leo.Nefiodow
Interview
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