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Die Muzak Story
1. Teil

Muzak hat eine spannende Geschichte! Der größte Radiosender der Welt avancierte vom Liebling der Nation zum Buhmann und wieder zurück. Fluch oder Segen, man kann viel von Muzak lernen: Über die Länge musikalischer Zeiteinheiten, welche Playlists stimulieren und wie man musikalisch neutral über den Tag kommt. Gilt das auch für funktionale Medien und Medical Muzak? Eine Annäherung.

Zum zweiten Teil: Medical Muzak

Die Muzak Story

Am Anfang stand General George Owen Squier, Chef des U.S. Army's Signal Corps. Der frühe Hacker und Hightech-Pionier war der erste kommerzielle Passagier der Gebrüder Wright und sicherte sich 1922 das Patent auf die Technik, Musik über Telefon zu verbreiten. Als die ersten arbeitsökonomischen Untersuchungen erschienen, griff er das Konzept stimulierender Hintergrund-musik auf, gründete "Wired Music" und spielte populäre, speziell arrangierte Musik ohne Gesang ein, um die Produktivitäts des Proletariats zu steigern.

Im Auftrag einer Supermarktkette fand er heraus, daß vertraute Musik die Orientierung erleichtert, Geborgenheit vermittelt und die Hausfrau beschwingt zur Suppe greifen läßt. Sie überspielt Langeweile und Unsicherheit, entspannt, sediert und "schafft Athmosphäre, wo eigentlich keine ist (Jan Felix Frenkel)".

Kurz vor seinem Tode, 1934, wurde aus Wired Music Muzak, ein Kunstwort aus Kodak und Music und der Inbegriff für Fahrstuhlmusik und akustische Umweltverschmutzung ...

Erfrischend wie eine Mentholzigarette

In der Prä-Elvis Zeit war Muzak ziemlich hip, was mit dem Streichersound zusammenhing, der anstelle des Gesangs verwendet wurde. Die Musik galt als "spritzig, kühl, erfrischend wie eine Mentholzigarette". Doch als sich die populäre Musik in den Sechzigern rapide weiterentwickelte, blieb Muzak im Fahrstuhl stecken. Dann kamen die Achtziger mit Synthesizern, neuen Sounds und Klangkonzepten, Music for Airports wurde salonfähig und easy listening war kein Schimpfwort mehr. Innovative Produzenten eroberten die Muzakstudios und paralell kam erstmals Konkurrenz auf, drängten neue Firmen auf den Markt. Doch keine kann der Mutter aller Melodien das Wasser reichen, denn:

Musik ist Kunst, aber Muzak ist Wissenschaft

Muzak als "Spezialist für physioloische und psychologische Efekte … programmierte Umgebungen für Anwendung in Büros, Fabriken, Banken und Geschäften … Entworfen, um Ihre Kunden zu informieren, zu fesseln und zu beeinflussen, erschafft Muzak-Audio-Marketing zugeschnittene In-Store-Programme, die kraftvoll Ihre Botschaft vermitteln", so die Muzak-Website. Um seine Botschaft kraftvoll zu vermitteln, kann ein Ladenbe-sitzer zwischen 60 verschiedenen Musikkanälen wählen:

60 verschiedene Channels

Classical, ultra hip mix of cutting edge sounds from Europe, Environmental Channel, Functional Motivation Program, contemporary hits together with pop classics, Hitline, Hot FM, Jukebox Gold, Country Currents, Urban Beat, EuroStyle, Contemporary Jazz Flavors, Contemporary Instrumentals, Light Classical, Expressions, Latin Styles, '70s Songbook, Fiesta Mexicana - und zwischen November und Dezember auch Holiday Music. Der erste Musikkanal hieß übrigens  "Environmental Channel", und war ein "funktionales Motivationsprogramm".

Wirkung und Nebenwirkung

Kompliment! Owen Squier ging die Sache generalstabsmässig an und untersuchte exakt die Relation zwischen Lautstärke und Tempo, Verweildauer und Umsatz, Rhythmus, Tageszeit und emotionaler Befindlichkeit. Klingt gut, doch Ergenisse sind längst nicht so eindeutig wie es manche gerne hätten. Die Psychologen Adrian North und David Hargreaves von der Universität von Leicester kamen in ihrer kritischen Durchsicht diverser Studien und Forschungsarbeiten zu dem Schluß, daß ”die zahlreichen kommerziellen Anwendungen von Musik und die erheblichen finanziellen Aufwendungen durch die Forschung nicht gerechtfertigt sind.” Musik als "geheimer Verführer" würde überschätzt. Das wiederum ist auch umstritten, es gibt gegenteilige Stimmen und viel Raum für Interpretation. Fakt ist, daß Zeitgeist, Geschmack und kognitive Präferenzen eine eindeutige physiologische Reaktion verhindern, kein Klangkörper gleicht dem anderen. Wirklich?

Stimulus Progression Formula und stimulus values

Muzak wird seit 60 Jahren nach der "Stimulus Progression Formula" designed, 24 Stunden in 15 Minuten Einheiten (der Rahmen für 4-5 Lieder) unterteilt. Computer sortieren udie Lieder nach "stimulus values" auf einer Skala zwischen zwei und sechs, nach Kriterien wie Tempo, Rhythmus, Besetzung und Instrumentierung. Ein 15-Minuten-Block mit den Werten 3,4,5,5,6 haben orientiert sich an der Aufmerksamkeitskurve, wird überlagert von chronobiologisch orientierten Rhythmen, die in den energetisch flauen Phasen des Tages das Block-Tempo antizyklisch forcieren: 4, 5, 5, 6, 6,6. Dann geht´s wieder von vorne los, wobei die Energie gehalten wird.

Kritische Bandbreiten bereits im Vorfeld ausschalten

Gegenüber willkürlich zusammengestellter Musik reklamiert Muzak eine meßbare “Steigerung der Produktivität, der Effizienz und der Arbeitszufriedenheit. Die Leute fühlen sich besser, sind weniger müde und angespannt, ihr Job erscheint ihnen weniger monoton." Hohe, tiefe und rauhe Töne werden vermieden, Lautstärkeschwangungen oder Tempowechsel dürfen nicht auffallen. Rhythmus und Melodie variieren nur minimal, bestimmte Mikrostrukturen wiederholen sich und stabilisieren das Vertrauen. Innerhalb der Stundenuhr gibt es leichte Schwankungen, kritische Bandbreiten (über 8000 Hz) werden bereits im Vorfeld ausgeschaltet: Musik mit einem weiten Frequenzsprektrum aktiviert und drängt sich in den Vorderund - beides ist für Muzak streng tabu. Ebenso kraftvolle Musik, die "zu einem Annäherungsverhalten gegenüber der räumlichen und sozialen Umwelt führt, zu der sie gehört". Gefragte Werte dagegen sind Harmonie, Integration und eine positive Stimulation der Stimmung.

Von Muzak lernen ...

Ist Muzak wirklich nur akustische Astronautenkost, sterilisiert durch konsequente Reduktion der Komplexität und trivial bis zur letzten Synkope? Wenn man sieht, wie sorgfältig das musikalische Material ausgesucht, orchestriert und eingespielt wird, kommen auch andere Assoziationen in Betracht. Drängen sich Paralellen mit lateinischer Lithurgie, gregorianischem Gesang, der chinesische Fünftonmusik, ayurvedischer und altorientalischer Musiktherapie auf. Zufall?

Bis in die Neunziger führte James Last am Sportkrankenhaus Hellersen die prä- und postoperative Hitparade an! Prof. Ralph Spintge: "Die Beliebtheit und damit breite Anwendungsmöglichkeit von Musik im James-Last-Big-Band-Stil ist ein Phänomen. Während diese Musik von Mu sikkritikern nahezu einhellig negativ beurteilt wird, gaben immerhin 66 % der Deutschen in der Bundesrepublik in einer repräsentativen Umfrage (289) an, daß diese Musik bevorzugt von der ganzen Familie gehört werde. Die Tatsache, daß es möglich ist, beinahe alle Generationen mit dieser Musik anzusprechen führt Obst (289) darauf zurück, daß es Last gelungen sei, Musik der Jugend von seinen Musikern (altersmäßig die mittlere Generation) für die ältere Generation interpretiert, und die Musik der älteren Generation für die jüngere Generation interpretiert zu bekommen."

Funktionale Webchannels

Die DJ-Kultur, Samples, Loops und Internetchannels haben Praxis und Verständniss von Klangkulissen erweitert. Hörer wählen Playlists eines bestimmten Genres (Ambient, HipHop, World, Klassiketc), das ihrem Musikgeschmack entspricht und bleiben stundenlang einen Groove, einem Sound oder einer Musikrichtung treu. Naheliegend, diese Bewegung aufzunehmen und für Medical Muzak zu nutzen ...

Zum zweiten Teil: Medical Muzak

Linkempfehlungen:

Muzak Homepage
www.icimuzak.com
Muzak-Artikel (englisch)

Muzak Deutschland
www.radio-pos.de
Das Kürzeste in deutsch

Literatur:
de la Motte-Haber, Helga: "Handbuch der Musikpsychologie", Laaber 1996, S. 215ff. / Fischer, Ludwig: "MGG, Band 6", Kassel 1997,Artikel "Musikpsychologie" Sp. 1586. / Dalhaus, Carl: "Neues Handbuch der Musikwissenschaft", Laaber 1982.

Rötter, Günther; Plößner Catrin: Über die Wirkung von Kaufhausmusik, in: "Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie", Band 11 1994, S.154ff.

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