Auch
psychologische Dimensionen wie Selbstbewußtsein
sind für Vygotzky eine "Illusion der Sprache",
die uns über "innere Stimmen" Zugang
zu höheren mentalen Fähigkeiten ermöglicht.
Vygotzky beschäftigt sich intensiv mit
Suggestionen (prägnanten Worten und Sätzen,
die in der steten Wiederholung und verbunden mit
intensiven Gefühlen eine deutliche Tendenz
zur Verwirklichung in sich tragen) und Sprache als
auditiver Schlüsselreiz, realitätsschaffender
Attraktor und Virus. Ähnlich operieren Marketing,
Sekten und Kirchen, Psychologen und Politiker. Begriffe
schaffen Realitäten, besetzen öffentliche
Räume und Diskussionen. Heiße Sache!
Neuronale
Resonanzen
Neurologen
gehen die Sache cooler an und betrachten den Unterschied
zwischen Harmonie und Missklang, Musik und Lärm
weniger Ergebnis späteren Lernens oder kultureller
Disposition, sondern bereits in unseren Hirnstrukturen
angelegt. Die Neurologen Mäss, Kölsch,
Gunter and Friederici vom Max-Planck-Institut für
neurophysiologische Forschung in Leipzig veröffentlichten
in Nature Neuroscience (Mai 2001) eine Untersuchung,
daß die harmonischen Qualitäten von Musik
und Sprache neurologisch determiniert sind und unser
Gehirn Musik und Sprache in indentischen Zentren
verarbeitet.
Motorisches
Zentrum
Das
Broca´schen Sprachzentrum (motorisches Zentrum)
liegt im hinteren, unteren Frontallappen des Großhirns
und steuert unter anderem das Formulieren von Sprache
und das Sprechen. Es prozessiert Wörter, Satz
und Sinn, steuert die musikalische Syntax und Metasyntax,
die Musik und Sprache miteinander verbindet, so
die Leibziger. Was verrät das über die
griechischen Versmaße, Kinderreime, Haikus
und Hexameter?
Ausflug
in ein entferntes Wissensgebiet:
Eurhythmie und Hexameter
"In
der überkommenen griechischen Sprachkultur
war das Versmaß vorrangig. Inhalt und
Aussage ordneten sich dem unter" schreibt
Christian Maurer (www.eurythmie.de) in einer
Abhandlung über den Hexameter. Eurythmie
ist eine (anthroposophische) Bewegungskunst,
die Sprache und Bewegung verbindet. "Das
Sprechen im Versmaß des griechischen
Hexameters ist eine elementare Schulung der
erwachenden Denkkraft um das 12. Lebensjahr
- das Hexameter-Sprechen hilft den Kindern,
Blut- und Atemrhythmus ins Gleichgewicht zu
bringen".
Und
der Anthroposoph, Literaturwissenschaftler
und Kunsthistoriker Friedrich Hiebel: "Die
Proportion zwischen einem vollen Atemzug und
den vier Pulsschlägen wird durch das
Sprechen des Hexameters offenbar. Er ist also
ein Ausdruck des menschlichen Rhythmus der
Lungen und des Herzens. Deshalb wurde der
Hexameter ursprünglich rezitierend konzipiert
und singend gesprochen, aber nicht geschrieben
oder gelesen. Die alten Barden, welche noch
mit dem uns heute völlig unverständlichen
"homerischen" Gedächtnis die
Epen rezitierten, konnten dies stundenlang
tun, ohne zu ermüden, weil das Metron
selber noch gleichsam im Einklang mit der
Menschennatur oder wie ein Stück von
ihr gewesen war" (aus: Fr. Hiebel, Die
Botschaft von Hellas.) |
Sprache - wichtige Parameter
Vielleicht
liegt es am Ursprung im motorischen Zentrum,
daß Sprache (neben den akustischen Kenngrößen
wie Tonhöhe, Stimmlage, Intensität, Modulation
und Lautstärke) eng mit motorischen Prozessen
(wie Gestik, Mimik. Blickrichtung, Körperhaltung
und -neigung) in Verbindung steht. Wir reden mit
Händen und Füßen, Gestik, Mimik.
Blickrichtung, Haltung, Körperneigung
und Emotionen ...
In
der NLP-Literatur ist häufig zu lesen, daß
wir (die Zahlen variieren) zu sieben Prozent auf
den Sachinhalt einer Aussage reagieren, mit 38 Prozent
auf die paraverbalen und zu 55 Prozent auf die nonverbalen
Anteile der Sprache. Gesicherter ist die Quantität
der Pausen - sie machen 40-50 Prozent unserer Alltagssprache
aus.
Hören,
Sprache und Haltung
Sprechen,
Hören und Haltung sind eng miteinander verbunden,
wie der französische Höhrforscher Prof.
Alfred Tomatis zeigte:
• Die
Stimme enthält als Obertöne nur die Frequenzen,
die das Ohr auch hören kann
• Verändert
man das Hören der eigenen Sprache mit einem
Filter,
so klingt sofort die Stimme anders
•
Wiederholt man dieses akustische Training über
einen längeren Zeitraum,
so verändern sich Stimme und das Gehör
dauerhaft
Das
ethnische Ohr
Therapeut
und Produzent Ingo
Steinbach, der sich intensiv mit Stimme und
Gehör beschäftigte, schreibt: "Nicht
minder aufschlußreich und durch viele Wissenschaftler
belegt ist die Tatsache, daß es auch so etwas
wie ein ethnisches Ohr gibt. So wie das Ohr von
Individuum zu Individuum unterschiedlich ist, unter
scheidet es sich auch von Gegend zu Gegend und von
Land zu Land. In Abbildung 8 sehen Sie einige Beispiele
ethnischer Hörkurven, wie sie S. Manassi, Schweiz,
und M.E. Harrisson, Südafrika, aufführen.
Schauen Sie sich die Kurve des italienischen Ohres
an. Italienisch ist die Sprache der Musik. Ein großer
Sänger hat einmal gesagt, daß eine Oper,
die nicht in italienisch gesungen wird, nur halb
so gut klingt (gibt es nicht zu denken, daß
das italienische Ohr eine bis fast in den Bereich
von 4000 Hz ansteigende Empfindlichkeit hat ..
Emotions-Parameter
Prof.
Walther Sendlmeier vom Institut für Kommunikationswissenschaft,
Medien- und Musikwissenschaft an der TU Berlin interessierte
sich für die Frage, wie sich Gefühle
in der Stimme niederschlagen. Er anylsierte
Tonhöhe, Lautstärke, Grundfrequenz, Sprechtempo
und Artikulationsgenauigkeit, um computergesteuerte
Sprachausgabe menschlicher zu machen, verständlicher
für unsere Ohren. Ergebniss: Wir sprechen bei
Ärger schneller und betonen jede Silbe - und
zwar nachdrücklich! Bei Angst, Trauer und Langeweile
dagegen sprechen wir leiernd, monoton und
neigen zum Nuscheln. Das sind Erkenntnisse, die
sich nicht nur in Software zur Spracherkennung niederschlagen,
sondern auch in (therapeutischen) Medien subtil
umsetzen lassen, wenn es um Emotionen geht.
In
der Musik ging Manfred
Clynes ähnliche Wege, in dem charakteristische
Eigenheiten des Atems und des Vibratos nutzte,
um MIDI-SIgnale mit einem "human touch"
zu versehen und somit weniger statisch klingen
zu lassen: die SuperConductor
Software |
Atome
der Sprache
Wie
beim Hexameter angedeutet, kann die Wirkung bestimmter
Sprachrhythmen auf unsere Befindlichkeit in der
Poesie studiert werden, der geheimnisvolle Synthax
traditioneller Gedichte, Verse und Gesänge.
Für die Hirnforscher Frederick Turner und Ernst
Pöppel sind diese Rhythmen cerebral codiert:
Gedichte von Geistheilern aus Sambia oder aus Neu
Guinea lösen weltweit ähnliche Empfindungen
aus.
• Dafür
machen Turner und Pöppel archetypische Sprachrhythmen
verantwortlich, die über neuronale Resonanzen
und musikalische Ähnlichkeiten Stimmungen transportieren
können. Solche sprachlich-cerebralen Archetypen
postulierte der Sprachforscher Noam Chomsky bereits
vor Jahren, konnte aber seine These einer Handvoll
Urformeln, eine Universalgrammatik mit entsprechend
angeborenen Hirnstrukturen, nie erhärten.
• Doch
Computersimulation und das wachsendes Interesse
an Übersetzungsprogrammen treibt die Forschung
weiter: Chompsky´s Schüler, der Linguist
Mark C. Baker präsentierte unlängst (The
Atoms of Language) 14 Urbausteine der Sprache. Das
Konzept erinnerte mich an die Forschungen von Felicitas
Goodmann über Glossolalie,
das (traneinduzierte) "Sprechen in Zungen".
Weltweit verbreitet, gleicht sich die Syntax der
(meist religiös motivierten) Gruppen von Alaska
bis Feuerland - die Ursprache, scheinbar lallend,
sprachlos und in Trance?
Linkempfehlung:
Medienwandel und Mensch
Auf
der Suche nach der Landkarte des Wissens
Stefan Krempl 24.02.1999 , Interview
mit dem Münchner Hirnforscher Ernst Pöppel
über die Folgen des Medienwandels für
den Menschen
Sprache
und Körperhaltung
Felicitas
Goodmann erforschte einen weiteren Zugang zu
Archetypen: Bestimmte Körperhaltungen und rhythmische
Stimulation. Angeregt durch das Studium alter Bilder
und Höhlenzeichnungen, nahm sie längere
Zeit die dargestellten Haltungen ein, alleine und
im Kollektiv. Die Entdeckungen waren verblüffend
und sind inzwischen in zahlreichen Workshops bestätigt.
Dabei gibt eine Kürbisrassel den Beat vor (200
bios 210 bpm), die Teilnehmer nehmen die typische
(meist sehr unbequeme) Haltung ein und gleiten (schon
um diese zu vergessen?) nach kurzer Zeit in eine
mehr oder minder tiefe Trance.
• Anschließend,
so Prof.
Giselher Guttman, Neurologe an der Universität
Wien, berichten sie häufig von Eindrücken
und Motiven "die in oft verblüffender
Übereinstimmung, in Mythen aus verschiedensten
Kulturkreisen begegnen ..."
Prof.
Guttman untersuchte einige Probanden vor, nach und
während der Trance mit einem EEG und stellte
fest: "Wesentlich
dramatischer waren freilich die von uns untersuchten
Veränderungen des DC-Potentials (Gleichspannungs-EEG)
unter Trance. Gleich nach Beginn der Trance-Induktion
begann das kortikale Bestandpotential anzusteigen
und zeigte eine Verschiebung von rund 2000 Mikrovolt:
Dies ist der Veränderung vergleichbar, die
wir im Schlaf beobachtet hatten - diesmal allerdings
in umgekehrter Richtung: Die Personen gerieten in
einen Zustand extrem hoher Aktivierung, weit höher,
als die des normalen Wachzustandes!"
DOSSIER:
The Kall Positive
Experience Inventory
Das
"Positive Experience Inventory" von
Rob Kall ist eine Sammlung von Erfahrungen,
Verhaltensweisen, Erinnerungen und Beobachtungen,
von Vorstellungen und Fantasien die gleichermaßen
herzerwärmend, aufbauend und energetisierend
sind - und Menschen glücklich, frei, extatisch,
inspiriert, euphorisch, mitfühlend und
stark machen: vorbildlich! Rob Kall ist zugleich
der Organisator eines der größten
Neuofeedback-Kongresse in den USA (www.futurehealth.org). |
Lesenswert
in diesem Kontext:
Bärenmedizin
und Jaguarkraft
Über bewusstseinsöffnenden Techniken der
Schamanen, mit einem Bericht von Prof. Giselher
Guttmann über DC-Potential EEG-Messungen ekstatischer
Trancen:
• Sam
Williamson und Lloyd Kauffmann, Universität
New York, untersuchten die Reaktionen auf verschiedene
Töne, mit einem MagnetEncephalogramm (MEG).
Dabei zeigte sich, daß verschiedene Tonhöhen
unterschiedliche Areale im Gehirn reizen, wertvolle
Anregungen für therapeutische und funktionale
Medien, wenn man an die Konsequenzen minimnaler
Stimuli in Hinblick auf Gedächtnisleistung,
Sprachverständlichkeit und räumliches
Vorstellungsvermögen denkt.
Audioviduelle
Reize können epileptische Anfälle auslösen,
Rhythmen von 4 bpm zuverlässig eine Trance
induzieren und es gibt Frequenzen und Frequenzfenster
(40 Hz, 20 Hz, 10 Hz oder 8 Hz), auf die sich unser
Gehirn bevorzugt einschwingt, wenn sie ihm elektrisch,
magnetisch, optisch oder akustisch angeboten werden.
Die Reaktionsfreudigkeit gilt auch für das
"Drei-Sekunden-Fenster", wozu der Hirnforscher
und Psychologe Prof. Ernst Pöppel, folgenden
Versuch vorschlägt:
Denken,
sprechen, handeln -
das Drei-Sekunden-Phänomen
"Stellen
Sie ein Metronome auf 60 und lasen sie es vor sich
hinticken. nach kurzer Zeit werden Sie merken, organisiert
Ihr Gehör die gleichmäßigen Schläge
zu Gruppen. Man kann nun versuchen, die Gruppen
immer länger zu machen. Aber ab einer bestimmten
Länge - etwa
drei Sekunden, wird das unmöglich, der
Takt verschwimmt, die Gruppe bleibt nicht länger
als einprägsames Ganzes erhalten."
Entsprechende Messungen wurden bei Europäern
und Amerikanern, bei Yanomami-Indianern, Kalahari-Buschleuten
und Trobriandern (Melanesier) durchgeführt.
Und jedesmal erwies sich das Drei-Sekunden-Phänomen
als Konstante: Filme und Werbespots sind voller
Drei-Sekunden-Einstellungen, Sportler zählen
eins, zwei, drei, Ampeln schalten im Dreivierteltakt
und Sprecher legen nach drei Sekunden eine Pause
ein. Unabhängig von Alter und Geschlecht, Herkunft,
Rasse oder Religion.
Linkempfehlung:
Wie unser Gehirn einzelne Wörter erkennt: puliki,
purali, pufoki
Inhaltsabhängige
Gedächtnisformen, Deklaratives Gedächtnis