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Musik,
Magie & Medizin
Was bisher geschah ...
1. Teil
Ob
gesund oder krank, jung oder alt, vom Mutterleib bis
ins hohe Alter begleitet uns Musik, schafft Identität
und überwindet Grenzen. Auch die zwischen Arzt
und Patient, Krankheit und Gesundheit. Fragen Sie
Ihren Arzt oder Apotheker ...
MusikMediziner
und -therapeuten können über solche
Plattitüden nur lächeln. So wie
ihre Kollegen viele Jahre über Musik
am Krankenbett, frei nach dem Motto "schaden
kanns auf keinen Fall". Doch mittlerweile
wird Musik immer häufiger vor, während
und nach Operationen eingesetzt, bei Geburten
und gynäkologischen Behandlungen, gegen
Schmerzen, Angst, Stress und Herz-Kreislaufstörungen.
Neben der Musiktherapie (nur mit einem Musiktherapeuten
möglich) sorgt vor allem das Musikhören
(rezeptive Musiktherapie) für zunehmende
Beachtung: Musik ist im Klinikalltag relativ
leicht zu handhaben, läßt sich
problemlos mit andere Behandlungen kombinieren,
weitgehend frei von Nebenwirkungen, bei
hoher Akzeptanz und geringem Investitionen.
100.000
Patienten
Mit
Musik kann man rechnen. Das ist vor
allem Pionieren wie dem MusikMediziner
Prof.
Dr. med. Ralph Spintge, Vorsitzender
der International Society of MusicMedicine
(ISMM) und Anästhesist im Sportkrankenhaus
Hellersen bei Lüdenscheid zu verdanken.
Praktisch angewendet, standardisiert
und schriftlich beurteilt wurden verschiedene
Musik-Programme und ihre Wirkung bei
über 100.000 Patienten weltweit.
Professor Ralph Spintge:
"Musik
ist als angst- und schmerzlösendes
Therapeutikum inzwischen in die Klinische
Medizin eingeführt. Dies war möglich,
weil in klinisch-kontrollierten Studie,
ähnlich denen, wie sie für
Medikamentenprüfungen durchgeführt
werden, nachgewiesen werden konnte,
daß spezielle Musik den Anwendungskriterien
eines Medikamentes genügen. Diese
für jedes Medikament geforderten
Anwendungskriterien ermöglichen
es dem Arzt und Therapeuten, seiner
Verrantwortung bezüglich Verträglichkeit,
Sicherheit und Effektivität der
von ihm angewendeten Therapie gegenüber
seinem Patienten gerecht zu werden."
Therapeutisch
nutzbare Wirkungen
Zu
den therapeutisch nutzbaren Wirkungen
von Musik zählen die Herabsetzung
der Muskelspannung, Senkung von Herzfrequenz
und Blutdruck, Reduzierung des Streßhormonspiegels,
Harmonisierung des Atemrhythmus, Senkung
des Sauerstoffverbrauchs und des Stoffwechsels,
reduziertes Schmerzempfinden, weniger
Angst, Stärkung des Vertrauens
usw. Prof. Ralph Spintge: "Diese
therapeutischen Ergebnisse sind zuverlässig
wissenschaftlich hinterfragt und überprüft.
Die hier aufgeführten therapeutisch
nutzbaren Effekte lassen sich allerdings
nur dann erzielen, wenn der Einsatz
von Musik mit mit situationsspezifischer
Methodik und unter Beachtung entsprechender
Indikationen, Kontraindikationen und
Wirkungsweisen erfolgt."
5.000
Jahre Musik in der Medizin
Musik
in der Medizin kann auf eine lange Geschichte
zurückblicken. Ägyptische
Priester setzten sie zur Heilung ein,
assyrische Keilschriften berichten über
Konzerte gegen böse Geister, entsprechende
vedische Schriften reichen über
4.000 Jahre zurück, die chinesischen
Tradition ist noch älter und im
antiken Griechenland war der Heilgesang
ein wichtiges Element der Medizin. Im
Mittelalter mußte jeder Arzt Musik
studieren, das Studium der sieben Künste
war ab dem 13. Jahrhundert Pflichtfach
und die arabischen Ärzte beschäftigten
Heerscharen von Harfenspieler, Lautenschlägern
und Trommler. Noch
1650 schrieb der Leibarzt des portugiesischen
Königs Johann IV., Edoardo Madeira
Arrais: "Wir wissen aus täglicher
Erfahrung, daß die Reichen und
Vornehmen, wenn sie krank sind, Musiker
bei sich haben". Doch die Reichen
und Vornehmen starben aus, der Walkman
war noch nicht erfunden und so trennten
sich die Wege von Musik und Medizin.
Data
counts
Erst
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
flackerte das (wissenschaftliche) Interesse
wieder auf. Physiologische Untersuchungen
belegten den Einfluß der Musik
auf die Funktionen von Atem, Herz und
Kreislauf, Gehirnwellen und limbisches
System und die Forschung wartete mit
einer Fülle neuer Fakten auf. Als
besonders wirksam hat sich die Einbeziehung
von Musik in folgenden medizinischen
Bereichen erwiesen:
Schmerzkontrolle
Geburtshilfe
Drogen-
und Alkoholentgiftung
Depressionen
Koomapatienten
Herz-Kreislaufstörungen
Beschleunigung
postoperativer Heilungsprozesse
Migräne
Verminderung
von Stress
Geriatrische
Behandlungen und Alzheimer
Rehabilitatiosmaßnahmen
in
der Physiotherapie
Arbeit mit
geistig Zurückgebliebenen
Lernbehinderungen
psychologische
und psychiatrische Problemfälle |
Bereits
für Novalis
war Krankheit ein musikalisches Problem
und der deutsche Biophotonenforscher
Dr. Fritz Popp könnte "sich
Krankheit so vorstellen, daß falsche
Schwingungen gespeichert sind. Wir wissen
ja, daß biologische Systeme die
Eigenschaft haben, elektromagnetische
Schwingungen zu speichern, und dabei
könnten nun auch falsche Schwingungen
auftreten, die hartnäckig im Organismus
bleiben und zu Fehlregulation führen".
Ob
Musik jemals wie ein Medikament wirken
kann? MusikMediziner und Ärzte
sehen die Grenzen im klinischen Alltag
eher eng und sind weit vorsichtiger
als die Klangpioniere, die nicht den
steinigen Weg klinisch kontrollierter
Doppelblindstudien gehen und die Evolution
der Klangkraft von der Zukunft aus entrollen
können. So bleiben viele
Fragen offen. Trotz Endorphinausschüttung
und rhythmischer Synchronisierung -
nicht alles ist erklärbar. Musik
hat magische Momente, spricht die Seele
an und geht ins Blut. Und in die Beine!
Schuld
war nur der Bossanova
Das
liegt am Rhythmus,
was MusikMediziner von Johann Strauß
bis Chuck Berry schon immer wußten.
Unterliegen doch alle Funktionen unseres
Körpers einem Rhytmus, der sich aus
der Anpassung an Tages - und Jahreszeiten,
Mondphasen und Gezeiten entwickelt hat.
Ob Wachstum oder Fortpflanzung, Schlafen
oder Wachen, Hormonspiegel, Körpertemperatur
oder Hörvermögen, wir ticken
im Takt kosmischer Bio-Uhren. Da wundert
es nicht, daß auch Krankheiten ihren
Rhythmus haben: Asthmaanfälle häufen
sich in der Nacht, Herzinfarkte überwiegend
zwischen zehn und zwölf Uhr mittags,
Hirninfarkte bevorzugen die Zeit um drei
Uhr nachts und Unfälle ereignen sich
zwischen drei und vier Uhr morgens mit
sechzehnfacher Häufigkeit - auch
wenn die Fahrer zuvor acht Stunden schliefen!
Prof.
Dr. med. Gunther Hildebrandt, Europäische
Gesellschaft für Chronobiologie
und Vizepräsient der Internationalen
Gesellschaft für Chronobiologe:
"Die Ergebnisse der modernen Chronobiologie
und Chronomedizin haben gezeigt, daß
der menschliche Organismus nicht nur
eine komplizierte Raumgestalt besitzt,
sondern auch über eine hochdifferenzierte
Zeitgestalt verfügt, die aus zahlreichen
rhytmischen Zeitstrukturen aufgebaut
ist." Die
Chronobiologie unterscheidet drei
Bereiche
Langwellige
...
Tages, Wochen-, Monats- und Jahresrhythmen
entsprechen unserer gesellschaftlichen,
planetaren und kosmischen Umwelt. Sie
haben vorwiegend synchronisierenden
Einfluß auf den Körper, dienen
dem Stoffwechsel und ordnen Aufnahme,
Verdauung, Sekretion und Energiespeicherung.
Kurzwellige
...
endogenen und autonomen Funktionsschwankungen
haben keinen direkten Bezug zum Rhythmus
unserer Umwelt und die schnellsten unter
ihnen, die nervlichen Aktivitäten,
arbeiten in einer hektischen Zukunftsbranche:
Ihr Job ist die Aufnahme, Weiterleitung
und Verarbeitung von Information.
Mittlere
...
liegen Atmung, Herz und Kreislauf, die
polaren Funktionsprinzipien des Lebens.
Hier, zwischen EEG und EKG, zwischen
1 und 10 Hz treffen wir auf Atmung,
Puls, Motorik - und die typischen Tempobezeichnungen
wie Largo, Presto oder Techno.
...
Rhythmen
Prof. Ralph Spintge führt "die
klinische Arbeit zu der Annahme, daß
der Rhythmus
das effektivste musikalische Element
darstellen könnte". Bereits
1939 konnte Erich von Holst nachweisen,
daß zwei Prinzipien die physiologisch-rhythmischen
Phänomene steuern: der Magneteffekt
und die Überlagerung. Darüberhinaus
ist bekannt, daß sich Störungen
und Krankheiten durch einen Verlust
von Rhythmus auszeichnen; wobei das
Bindeglied zwischen Klang und Körper
das wechselseitiges Einschwingen (entrainment)
ist: Treffen zwei Rhythmen aufeinander,
gibt meist einer nach und der andere
übernimmt die Führung. Ohne
die "Kontrollprobleme neurovegetativer
Mechanismen über die interne physiologische
Rhythmizitäten" vertiefen
zu wollen: im Rhythmus liegt ein wesentlicher
Schlüssel zur Wirkung von Musik.
Nicht nur heute und im Westen: Die ayurvedische
Musik kennt exakte Vorgaben, was Tonart,
Tempi und Rhythmus angeht, ebenso die
chinesischen MusikMedizin (siehe Band
1) und als Erben des arabischen Wissens
auch die Sufis, wie Hazrat Inayat Khan
anführt:
"Die
Gesundheit wird dadurch wieder hergestellt,
daß man das Wesen der Beschwerden
anhand des Rhythmus und des Tons des
menschlichen Körpers feststellt
und den Körper durch Rhythmus und
Ton reguliert, indem man sie so gut
wie möglich in das richtige Verhältnis
bringt. Um durch Musik zu heilen, muß
man wissen, was der andere braucht,
was er will. Dann erst, wenn man dem
allem nachgegangen ist, kann man dem
Patienten mit Hilfe der Musik viel Gutes
tun."
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zum 2. Teil
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