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Neues Lernen,
2. Teil

Ent-lernen
Ent-lernen bedeutet, mittels Mentaltechniken ausgetretene Denk-Pfade zu verlassen, um gewohnte (und durchaus auch erfolgreiche) Muster gezielt zu durchbrechen. Die evolutionären "Open Mind Programme",  aufbauend auf den neuronalen Forschungen des Nobelpreisträgers Gerald Edelmann, betrachten Gehirn und Bewußtsein als "eigendynamischen Generator für die Bildung von Kategorien". Die permanente Instabilität des Geistes wird zum Ziel der Aus- und Weiterbildung, Wandlung ist möglich. Tunnelrealitäten gilt es zu vermeiden, einengende Gewohnheiten, Theorien, Muster und Reflexe durch neuronale "Austauschkarten" zu ersetzen. Mit den Worten des Philosophen Vlússer: Die Karte geht dem Gelände voraus.

Ein weiteres Beispiel: Innen- und aussengesteuerte Motivation. Lern-Barrieren werden nicht als Hindernis betrachtet, sondern als Herausforderung umgedeutet (denken Sie an die Hacker-Studie). Klassische Domäne des radikalen Konstruktivismus und der modernen Erkenntnistheorie: Unser Gehirn gibt die Welt nicht wieder, es erfindet sie ständig neu. Praktische Umsetzungstrategien kann unter anderem die Neuro Linguistische Programmierung (NLP) vermitteln, Praxis  ist auch deshalb wichtig, weil Lernen keine allzu große Passivität duldet. Wir wollen unterhalten werden.

Brain Entrainment
Was Lernen angeht, ist es eigentlich unmöglich, nicht zu lernen. Dies tut unser Gehirn am effektivsten in Entspannung, spielerisch und in kurzen  Zeiteinheiten. Lockert man seine Skelettmuskulatur und entspannt sich, treten langsamere Gehirnwellen auf den Plan, die mentale Spitzenleistungen begünstigen. Spätestens hier kommen Mind Machines und Mentaltechniken ins Spiel, um einen optimalen, lernbereiten Zustand zu induzieren. Mind Machines sind "elektronische Meditationshelfer", die mittels Licht und Ton, Farbe, magnetischen Feldern und bioelektrischen Impulsen Einfluß auf das Bewußtsein nehmen.

Am bekanntesten sind die optisch-akustischen Geräte, sie stimulieren unter anderem Lernbereitschaft und Kreativität, indem sie dem Benutzer Bewußtseinszustände erschließen, die außerhalb der "Normalität" liegen.  Mittels Brille und Kopfhörer diese Zustände anzuregen und situationsbezogen einzusetzen, sich die Fülle der Möglichkeiten des Gehirns zu erschließen, gehört zu den wichtigsten Lern-Leistungen der Zukunft. Meditation, Autogenes Training sind die klassischen (aber zeitraubenden) Techniken, Mind Machines und mentale Trainingssysteme erlauben ähnliche Effekte in einer ungleich kürzeren Zeit.

"Brain Entrainment" nennt dies Dr. Harrah-Conforth, der an der Indiana University optisch-akustische Mind Machines genauer unter die Lupe nahm. „Brain Entrainment ist äußerst effektiv in der Induzierung von Bewußtseinszuständen und geradezu narrensicher", so Harrah-Conforth und prophezeit der jungen Technik eine große Zukunft. Dr. Roman Chrucky, Medical Director of the North West Jersey Development Center in Totowa pflichtet bei und verweist auf einen "direkten Zusammenhang zwischen optisch-akustischer Stimulation und neuen, kreativen Ideen und Gedanken".

Dazu kommt, daß die Kopfhörer-Situation optisch-akustischer Mind Machines eine gezielte Ansprache des rechten und linken Gehirns durch das jeweils gegenüberliegende Ohr erlaubt, womit wir wiederum direkt diverse Erkenntnisse der neueren Hemisphärenforschung umsetzen können. Beispielsweise erlaubt die gezielte Ansprache des linken Ohrs die Umgehung der kritisch-rationalen Instanz der linken Hemisphäre (jeweils bezogen auf Rechtshänder), was neuen Lernstoff leichter lernen lässt. Auch Verhaltensmodifikationen lasen sich so leichter realisieren, die Verwendung von Suggestionen und Mentalkassetten erlaubt interessante neue Wege der praktischen Psychologie.

Twilight Learning
Oder die Arbeiten von Thomas Budzynsky, der die willentliche Produktion vonTheta-Wellen mit einer relativ einfachen Biofeedback-Versuchsanordnung trainiert, was wiederum erlaubte, große Mengen Lernstoff in relativ kurzer Zeit zu absorbieren. Für Forschungen, Diplomarbeiten und Dissertationen ein unbegrenztes Feld - zumal mit interessanten kommerziellen Karrieremöglichkeiten für engagierte Pädagogen. Interessiert?
Am pointiertesten hat Dr. Rudolf Kapellner (Philosoph, Psychologe und Elektroniker aus Wien) die Effekte audio-visueller Stimulation beschrieben. Ihre Anwendung führt nach seinen Untersuchungen zu

„ Flexibilität im Denken
‑ Übersicht über komplexe Zusammenhänge
‑ Wahrnehmung der Komplexität im Mentalen als Antwort auf die Vielschichtigkeit der Aufgaben
‑ reichhaltigem Fühlen und Intuition als komplementäre Ergänzung von Logik und Analytik
‑ Erkennen und Erfahren unterschiedlicher Bereiche des Bewußtseins und der damit verbundenen besonderen Fähigkeiten und Qualitäten."

Bus, Bett, Bahn
Darin liegt also die evolutionäre Berechtigung der Mind Machines, womit sich der Kreis wieder schließt, denn interessanterweise werden selbst naturwissenschaftlichen Durchbrüche  meist im Bereich der „drei großen B´s" erzielt: Bus, Bett und Bahn.  Tätigkeiten, bei denen man weitgehend frei seinen Gedanken nachgeht, absichtlos, locker,  in der leichten Trance des Tagtraums. Dabei wird nachdrücklich die rechte Gehirnhälfte aktiviert, die im Gegensatz zu der linken nicht linear und in kleinen Schritten denkt (was viel Zeit kostet), sondern komplexe Zusammenhänge intuitiv erfassen und verarbeiten kann.

Zudem steigert die bildhafte Vorstellung (Visualisieren) die körpereigene Produktion des neurotransmitters Acetylcholine, der eng mit Lernen in Verbindung steht. Eng verknüpft damit ist die Kreativität, eine Fähigkeit, die in Zukunft zunehmend wichtiger wird. So profitiert auch die Logik von einer neuen Art des Denkens, die in der traditionellen Schule bisher eher verpönt war: Kreativität und Intuition.

Weitere Beispiele zum Thema Mind und Maschine: In Österreich untersuchte die junge Psychologin Petra Braunschmied-Wolff den Einfluß von optisch-akustischen Mind Machines auf die Konzentrationsfähigkeit. Diejenigen Probanden, die sich mit dieser Technologie anfreunden konnten, erzielten deutliche Verbesserungen und konnten ihre Konzentrationsfähigkeit zum Teil verdoppeln. Daneben gibt es auch andere Techniken und Verfahren, beispielsweise eine Kassettentechnik mit dem Namen

HEMI-SYNC
(steht für Hemisphären-Synchronisation). Dabei wird durch einen akustischen Trick das Bewußtsein angesprochen, beispielsweise die Alpha- und Thetawellenproduktion angeregt. Diese Kassetten sind an zahlreichen amerikanischen Colleges und Universitäten im Einsatz, Sie brauchen dazu lediglich einen Stereo-Kassettenrecorder und ein Paar Kopfhörer. Oder Lernen im

‑Samadhi Tank
(eine rundrum geschlossene Badewanne, gefüllt mit einer Salzlösung, auf der der Benutzer treibt). Zahlreichen Untersuchungen belegten Turbo-Lerneffekte, anliches gilt auch für die

‑ craniale Elektrostimulation
wobei minimale Ströme über Elektroden an den Ohrläppchen abgegeben werden (ähnlich der klasischen Akupunktur). Auch hier liegen höchst interessante Studien über eine erhöhte Lernleistung vor, was offensichtlich für alle die hier aufgezählten Techniken gilt, die an der Grenze zwischen Psyche und Soma operieren, indem sie gezielt das Bewußtsein stimulieren und Entspannungszustände induzieren können.

Wenn Sie mehr über Mind Machines und mentale Trainings-Systeme erfahren möchten, empfehle ich Ihnen die Bücher "Megabrain" von Michael Hutchison, "BRAIN-TECH/Das Buch", bzw. "Das neue Gehirn" von Johannes Holler. Viel Vergnügen bei der Lektüre! Allerdings - grau ist alle Theorie und nichts ersetzt das eigene Erlebnis! Diese Brain-Techniken werden in den nächsten Jahren sprunghaft weitere Verbreitung finden, speziell auch in der Weiterbildung, denn in Zukunft sind abstraktere Fähigkeiten gefragt. Beispielsweise

• Sensibilität gegenüber Problemen
• die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen
• Flüssigkeit des Denkens
• viele Ideen, Bilder, Assoziationen und Aspekte auf ein Stichwort hin zu liefern
Flexibilität des Denkens
• Ordnungen und Ebenen zu wechseln, um neue Bezugsrahmen zu ermöglichen und
• die Pflege der persönlichen Originalität, der Einzigartigkeit des eigenen Denkstils. 

So verknüpfen sich Denken und Lernen untrennbar mit Optimismus gegenüber einer (offenen) Zukunft,  beides verträgt sich allerdings nicht so recht mit unserem systemimmanenten Hang zum Erhalten und Bewahren.  Im Gegenteil, auf der Suche nach persönlichen Spitzenleistungen sind zunehmend Mentaltechniken gefragt, um Störungen und Instabilitäten gezielt herbeizuführen und zu managen.

Ziel ist es, sich an Bifurkationspunkte (ein Begriff aus IIlya Prigogine´s dissipativen Strukturen) zu katapultieren, die dem Einzelnen oder einer Gruppe möglichst viele Optionen, neue Wahlmöglichkeiten eröffnen. Nur im Zustand permanenter Instabilität kann sich Neues Lernen entwickeln, konzentrieren Sie sich auf "den Unterschied, der den Unterschied macht". Denn für blosse Kompetenz ändert sich die moderne Gesellschaft viel zu schnell.

Und jetzt?
Nach soviel Zukunft hier ein wenig Praxis. Auch in der sonst eher neophobischen Schweiz gibt es erste Bemühungen, die Schule wieder gesellschaftsfähig zu machen. Im Kanton Bern werden derzeit ein Dutzend selbstverwaltende Experimentalklassen eingerichtet, die - unter anderem - auf das traditionelle Benotungssystem verzichten. "Keine Noten, kein Konkurrenz-Denken, keine Angst, aber trotzdem Erfolg (Gerd Gerken, Radar für Trends)".

Auch die Suggestopädie (Superlearning) istschulisch auf dem Vormarsch. Dabei wechselt sich Lernen in Entspannung mit gehringerechter Action und Entertainment ab. Die verwendete Barockmusik dient der Beruhigung, ein Verfahren, das sich durch Mind Machines und HEMI-SYNC-Kasetten übrigens deutlich steigern lässt. Erste Beispiele aus der Praxis verliefen sehr erfolgversprechend.

Es geht voran
Keine Atempause, Aufbruchstimmung  an allen Ecken und Enden, dieses Buch ist ein weiteres Beispiel für eine offene Zukunft im Bereich Lernen. Eines von vielen - und wenn starke Kräfte auf ein offenes System einwirken, kommt es in dissipativen Strukturen (Ilya Prigogine) zu dem Phänomen des Phasenübergangs. Das System kann eine Zeitlang die neuen Informationen absorbieren, wird aber schließlich so gestört, daß es schlagartig zusammenbricht - oder sich auf der Stufe einer höheren Ordnung neu und komplexer reorganisiert.  Denken und Lernen lernen, "es ist eine Art von erweiterter Autokalyse, die wesentlich ist, um statt des Gleichgewichts Gabelungspunkte zu erhalten, von denen ausgehend unterschiedliche raum-zeitliche Strukturen entstehen." (Ilya Prigogine in World Media, TAZ 24. 12. 91). Unser Gehirn ist eine dissipative Struktur par excellence. Ebenso wie unsere Gesellschaft - und die Schule. Zusammenbruch oder höhere Ordnung - noch haben wir die Zeit zu lernen.

Wer hätte nicht gerne einen Nürnberger Trichter? Wissensexplosion, lebenslanges Lernen, Bildungsnotstand und verminderte Halbwertszeit des Wissens - bei all den aktuellen Schlagworten übersehen  wir leicht unsere eigene Ökologie. Was ist der Unterschied zwischen Information, Wissen und Erfahrung? Wie bewerte ich die Qualität einer Information? Ihre Relevanz für mich? Welcher Lerntyp bin ich? Was muß ich ent-lernen? Wer sich mit den Müttern und Vätern des Neuen Lernens beschäftigt, stellt oft überrascht fest, "die neue Intelligenz umfaßt vielmehr:

‑ die Fähigkeit zur Ruhe, Stille inmitten von Turbulenz, Chaos und Instabilität

‑ Komplexität der Wahrnehmung, Erkennen, Überschauen und Handeln als adäquate geistige Fähigkeiten

‑ ganzheitliche Verbindung von Denken und Fühlen als die beiden inneren Funktionen des Menschen

‑ Dynamik undFlexibilität in der Gestaltung der möglichen Zukunft und Erschaffung liebevoller und damit kommunikatiosfähiger Beziehungen (Dr. Rudolf Kapellner, Focus Wien)".


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