Neurosemantik,
3. Teil
Die Belcanto-Frequenz
Wandern
wir in ein paar Oktaven höher, kommen wir vom
Rhythmus zur Tonhöhe und Sprachmelodie. Sie
variiert von Person zu Person, von Sprache zu Sprache.
Das Altgriechische, die Heimat des Hexameters, besteht
aus weit mehr Vokalen als das Deutsche, weswegen
Hexameter hierzulande häufig holpern. Semantische
Differenzen gibt es auch zwischen Hawaii und Hong
Kong, Oxford und Texas, Bayrisch und Belcanto. Sänger
benutzen ihre Stimme wie ein Instrument, Musiker
lassen Instrument sprechen. Interessant die
Ansätze und Messungen des Geigenbauers Peter
Greiner und des Physikers Heinrich Dünnwald. 3Sat
in einer Sendung über das ungewöhnliche
Duo:
"Angesichts der Preise teurer Geigen es schon
eine Sensation, wenn Meistergeiger wie Günter
Pichler, Thomas Kakuska oder Heinrich Schiff eine
Violine, Bratsche oder ein Cello aus der Hand eines
jungen Bonner Geigenbauers den italienischen Kostbarkeiten
vorziehen. Die spektakulären Erfolge der Manufaktur
von Peter Greiner und Heinrich Dünnwald beruhen
nicht nur auf der Erfahrung und handwerklichen Präzision
des Geigenbauers Greiner, sondern auch auf den Messungen
des Physikers Dünnwald. 1300 Violinen aller
Preisklassen hat er im Laufe von Jahren vermessen
und ihre Klangspektren analysiert. Eine Stradivari
inspizierte er sogar mittels Computertomographie
- nur die absoluten Stars unter den Violinsolisten
spielen Instrumente von Amati, Guarneri oder Stradivari
... "
Heinrich Dünnwald, der den Klang der Violine
auch in Relation zum Ideal des Belcanto untersuchte,
hatte dabei die grundlegende Orientierung der Streichinstrumente
(Geige, Cello, Bratsche) an der Gesangsstimme im
Ohr. Bei Violinen sind, so Dünnwald:
"Die
wichtigsten Kriterien für Wohlklang
(1)
relativ hohe Energie im Frequenzbereich unterhalb
ca. 700 Hz
korreliert mit Sonorität und gegebenenfalls
mit "dunkler Klangfarbe";
(2)
zu hohe Energie im Bereich von ca. 700 bis 1600
Hz
ergibt unangenehme Klangmerkmale ("topfig",
"nasal" etc.);
(3)
hohe Energieanteile im Bereich von ca. 1600 bis
4000 Hz
korrelieren mit Brillianz und Tragfähigkeit;
(4)
relativ hohe Energie oberhalb ca. 4000 Hz
bewirkt unangenehme Eigenschaften der "Schärfe",
"Rauhigkeit" u. ä.."
Dünnwald
sieht ein typisches Qualitätsmerkmal alter
italienischer Meistergeigen in der Betonung des
Frequenzfensters zwischen 1.600 und 4.000 Hz, mit
einem Peak (Geige von Guarnerie) bei 2.800 Hz, dem
sogenannten "Sängerformanten" - ein
bekanntes Phänomen klassisch ausgebildeter
Gesangsstimmen.
Greiner
Stefan-Peter
Richard-Wagner-Str. 2
53115 Bonn
Linkempfehlung:
Vortrag "VIAS Opto-akustische Eingangsadmittanzmessung
an Streichinstrumenten, gefördert vom Jubiläumsfonds
der Österreichischen Nationalbank, Projekt
6352/3"
C
37 und organischer Wohlklang
Der
Geigenbauer Dieter Ennemoser pflegt einen ganz eigenen
Ansatz. In seinem Aufsatz "Das Maß
des Klanges - Über die Entdeckung des Codes,
mittels welchem das Gehirn Tonschönheit entschlüsselt"
skizziert er seine Theorie des Wohlklanges. Basierend
auf den akustischen Eigenschaften der Knochen und
ihrer Leitfähigkeit, genauer gesagt, auf "Kohlenstoff
bei einer Temperatur von 37 Grad Celsius (C 37)".
Ob Übervokal, Timbre oder Obertöne - die
physikalischen Klangeigenschaften von C 37 schlagen
sich bei Dieter Ennemoser in folgenden Frequenzen
und Tempi nieder: "Innerhalb
einer Oktave entdeckte ich zehn bevorzugte Eigenschwingungen
von Kohlenstoff bei 37 Grad Celsius. Ich bestimme
sie mit:
1048
Hertz 1140 Hertz
1200 Hertz 1288 Hertz
1414 Hertz
1504 Hertz 1587 Hertz
1708 Hertz 1860 Hertz
1940 Hertz
Diese
Frequenzen sind in den ganzen Hörbereich zu
oktavieren. Das bedeutet, daß jede einzelne
dieser zehn Frequenzen auch als halbe, viertel,
achtel usw. oder als doppelte, vierfache, achtfache
usw. Frequenz im C37-Spektrum vorkommt. Die Einhaltung
dieser Frequenzen hat bei einer künstlichen
Erzeugung sehr genau zu erfolgen ... Nach einigen
Berechnungen hatte ich folgende Metronomzahlen:
61,4
66,8 70,3
75,5 82,8
88,1 93,0
100 109
113,7 123 134
140
151 166
176 186
200
Schläge
pro Minute
Mit Messungen und Vergleichen kam ich zu folgenden
Ergebnissen: C37-Tempi wirken gesund und satt im
Klang, als würden sie im Körper einrasten.
Der Körper scheint mitzuschwingen: Wie eine
Schaukel, die durch wiederholte kleine Stöße
zum richtigen Zeitpunkt in weite Schwingung gerät,
läßt das richtige Metrum den Körper
mitschwingen und mitklingen. Sogar am Klang des
Pulsierens des Metronoms (es ist ein elektronisches
mit einem kleinen Lautsprecher) konnte ich Unterschiede
- abhängig vom Tempo - feststellen: Das Pochen
der C37-Tempi kam fester, klarer und kraftvoller.
Zwischentempi wirken oft näselnd und flach.
Diese Zwischentempi scheinen im labilen Gleichgewicht
zu balancieren. Sie bewirken ein unangenehmes, eine
Verspannung erzeugendes Gefühl, das nach einer
Veränderung dieses labilen Zustandes strebt
..."
Klatsch
und Sprache
Einen
bemerkenswerten Beitrag zur Neurosemantik verdanken
wir auch dem britischen Anthropologen
Robin Dunbar. Er ist der Überzeugung, daß
weibliche Primaten den Klatsch (und quasi als spin
off) auch die Sprache erfanden. Denn als die Gruppen
größer wurden und das tägliche Jeder-krault-Jeden
entfiel, mußte man neue Codes erfinden, mit
denen Rangordnung, Tabus und Werte, die In und Out-Liste,
kurz das tägliche Miteinander, organisiert werden.
Der Rest ist Geschichte.
Männer
und Handies
Und noch eine Geschichte, diesmal von Robin Dunbar
und seiner Kolegin Susan Kelly von der University
of Liverpool. Laut ihrer Studie tragen Männer
ihr Handy umso mehr zur Schau, je mehr Frauen und
männliche Rivalen in der Nähe sind ... Diese
Balz hat Erfolg, so gaben laut der Studie die Frauen
mehrheitlich einem "Handy-Mann" den Vorzug.
Den Frauen standen drei Typen zur Auswahl, der Waghalsige,
der Hilfsbereite und ein eher neutraler Typus. Der
Waghalsige stand auch stellvertretend den Handy-Mann,
weil ein gewisses prahlerisches und zur-Schau-stellendes
Element dem Verhalten beider Typen eigen ist. Die
Mehrheit der Befragten Frauen konnten sich vorstellen
eine kürzere oder längere Beziehung mit
ihm einzugehen. "Zur-Schau-Stellung funktioniert,
und Männer wissen das", erklärt Dunbar.
"Es ist schon deprimierend
(aus: giga.de)
Sprache
und Selbsthilfemedien
Von
der Forschungs-Folklore zurück zur Neurosemantik.
Über die Wirkung von (gedruckten) Selbsthilfemedien
schreibt Klaus Wilhelm in Psychologie Heute
6/96:
"Gedruckte,
über Computer verfügbare oder audiovisuelle
Anleitungen zur Selbsttherapie wirken bei einer
Reihe von psychischen oder psychosozialen Störungen
erstaunlich gut. Diesen Schluß ziehen Forscher
von der Fachhochschule Bielefeld, der Universität
London und des St. Mary´s Hospital London
…Der oft langfristige Nutzen der Hilfen zur
Selbsthilfe sei in vielen Studien aus den USA und
Großbritannien belegt--und das für ein
weites Spektrum psychischer und psychosozialer Probleme.
So ließ sich der Erfolg eines Computermanuals
zur Eigentherapie von Angstzuständen
noch nach sieben Jahren nachweisen ... Gleichfalls
registrierten Mediziner Erfolge bei der Nikotin-
und Alkoholentwöhnung. Und ein Fünftel
der Patientinnen mit Buli-mie, der "Eß-Brech-Sucht",
erreichten mit einem Selbstbehandlungsbuch binnen
acht Wochen eine vollständige Heilung ihres
Leidens - ohne Hilfe eines Therapeuten!"
Mind
macht Muskeln
Der
Neurophysiologe Guang Yue von der Cleveland Clinic
Foundation in Ohio kam zu ähnlich interessanten
Ergebnissen: Fingermuskeln werden auch dann gestärkt,
wenn man sich entsprechende Fingerübungen
intensiv vorstellt. Denn sowohl bei der Bewegung,
als auch bei der bewußten Anspannung kommt es
in den Nerven zu elektrischen Impulsen, deren Stärke
über den Muskelaufbau entscheidet (entsprechende
Techniken werden in der Sportpsychologie verwendet).
Guang
Yue unternahm einen Laborversuch mit zehn Freiwilligen
zwischen 20 und 35 Jahren, die fünfmal pro Woche
konzentriert ein Muskeltraining ihres Bizeps visualisierten.
Um sicherzugehen, zeichneten die Forscher Hirnwellen
und Muskelspannung auf und alle 14 Tage wurden die
Muskeln gemessen. Nach ein paar Wochen zeigte sich
bei den Vorstellungskünstlern ein Muskelzuwachs
von 13,5 Prozent, der drei Monate nach dem Ende der
Übungen immer noch anhielt.
Sagen
Worte mehr als 1.000 Bilder?
Szenenwechsel: Orientiert
sich das Gehirn akustisch? Ist Denken ein Prozeß
der Verarbeitung von Wörtern und Tönen?
Die Psychologin Dr. Elisabeth Loftus von der University
of Washington: "Das Ohr ist dem Auge in vielerlei
Hinsicht überlegen. Laborexperimente unter kontrollierten
Bedingungen haben gezeigt, daß Probanden, die
eine Reihe von Wörtem vom Kassettenrecorder hörten
oder auf Dias sahen, mehr Wörter behalten konnten,
wenn sie diese gehört hatten ... " Auf
dieses Zitat stieß ich in dem Buch der Marketingstrategen
Steven Rivkin und Jack Trout (New Positioning, Econ).
Sie schreiben, daß unser Gehim im wesentlichen
über zwei Möglichkeiten verfügt, Eindrücke
zu speichern: Im ikonischen Gedächtnis (visuell)
und im Lautgedächtnis (auditiv).
• Was
wir sehen, wird fast vollständig im ikonischen
Gedächtnis gespeichert -
allerdings nur für etwa eine Sekunde
• Was wir über das Ohr aufnehmen,
bleibt vier bis fünf Sekunden präsent
Deshalb
können wir dem gesprochenen Wort auch leichter
folgen. Ein gravierender Unterschied nicht nur für
die Werbung: Verbraucher - so einer Studie der Northwestern
University - lassen sich leichter von einem Produkt
überzeugen, wenn sie einen Werbespot (im Radio)
hören. Sie finden das Produkt sympatischer und
zeigen höhere Kaufbereitschaft als nach einem
TV-Spot, der Wort und Bilder kombiniert. Vermitteln
Worte eine posivere Einstellung zum Produkt? Und gilt
das, neben der Werbung, auch für therapeutische
Botschaften?
Anna
Wise:
Powermind Training
Aussergewöhnliche Anregungen zur Neurosemantik
(und Themen wie der Länge von Pausen zwischen
einzelnen Worten und Sätzen) finden sich in "Powermind
Training“, Junfermann Verlag. dem Buch von Anna
Wise. Die Neurofeedback-Forscherin ging bei dem Neuro-Pionier
und EEG-Entwickler Maxell Cade (Mind Mirror) in die
Schule und entwickelte eine ganz eigene Sicht auf
das Dreieck von Sprache, inneren Bilder und Gehirnwellen
- basierend auf tausenden von Messungen am Mind Mirror.
Anna
Wise beschreibt, daß der Anteil der Thetawellen
am cerebralen Gesamtprozess meist unterentwickelt
ist "und deshalb als erste unserer Aufmerksamkeit
verdient". In ihrer Trance-Induktion finden sich
nicht nur Vorgaben verschiedene Pausenlängen
(2-5, 5-10 und 10-30 Sekunden und länger) und
charkteristische Bilder (angenehmer Ort, in ein Haus
gehen, durch einen Tunnel etc); sie beschreibt auch
detailliert, welche Bilder mit welchen Hirnwellen
einhergehen und gibt praktischen Anregungen für
therapeutische Medien und Interventionen. Anna Wise,
"Power Mind Training", Junfermann Verla
www.annawise.com